Pionierin der Medienkunst

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Sie gilt als Pionierin der Medienkunst. Weil sie seit vier Jahrzehnten neue Wege im Umgang mit Fotografie, Video und Performance aufgezeigt hat. Subtil hinterfragt VALIE EXPORT den Einfluss der elektronischen Medien auf die Gesellschaft – auch das Verhältnis von Bildern und Sprache. Mit der von ihr im Jahr 1975 organisierten Ausstellung „MAGNA. Feminismus: Kunst und Kreativität“ in der von Monsignore Otto Mauer geleiteten „Galerie nächst Sankt Stephan“ setzte sie einen frauenpolitischen Meilenstein. Ziel der Veranstaltung war es, erstmals in Österreich einen medial breit gestreuten Überblick über das Kunstschaffen von Frauen zu geben.

Aufsehen erregte die am 17. Mai 1940 in Linz als Waltraud Lehner geborene Künstlerin in den späten 60er und frühen 70er Jahren durch mittlerweile legendäre öffentliche Aktionen. Provokation und Aggression wurden dabei bewusst eingesetzt – um den traditionell männlich besetzten Stadtraum zu erobern und gleichzeitig auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. In der Performance „TAPP- und TASTKINO“ erklärte sie 1968 ihren Körper zur lebendigen Kinoleinwand. Durch eine vor dem Oberkörper getragene Box, die den Kinosaal symbolisieren sollte, konnte jeder Passant, jede Passantin, jedes Kind ihre Brüste betasten. EXPORT spielte dabei auf den voyeuristischen Umgang mit dem weiblichen Körper an, zugleich präsentierte sie eine neue Kunstform – das „Expanded Cinema“ (erweitertes Kino). Den in Versalien geschriebenen Namen VALIE EXPORT legte sie sich 1967 als Pseudonym und Logo zu, da sie weder den Namen ihres Vaters noch den ihres Ex-Mannes tragen wollte. „EXPORT“ steht für das Nachaußentragen ihrer Gedanken und Gefühle – auch für Grenzüberschreitung. Zugleich kreierte EXPORT ein Objekt, das zu ihrem Markenzeichen wurde. Auf einer damals besonders bei Männern beliebten Zigarettenpackung „SMART EXPORT“ ersetzte sie „SMART“ durch „VALIE“ und klebte ihr Porträt in die Mitte. Erst 1980 gelang der Künstlerin, die Mutter einer Tochter ist, der internationale Durchbruch. Gemeinsam mit Maria Lassnig bespielte sie den österreichischen Pavillon auf der Biennale in Venedig. Trotz des großen Erfolges hat sie sich in Österreich zweimal vergeblich um eine Professur beworben. Hochschulprofessorin wurde sie dennoch: In den USA, in Berlin und Köln lehrte sie zwischen 1991 und 2005 visuelle Kommunikation, Multimedia und Performance. In den letzten Jahren häufen sich Ausstellungen, Ehrungen und Aufgaben. So zeichnete sie 2009 gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Silvia Eiblmayr für die Künstler- und Künstlerinnenauswahl des Österreichischen Pavillons der Biennale Venedig verantwortlich und erhielt das Ehrendoktorat der Kunstuniversität Linz.

VALIE EXPORT hat auch an ihrem 70. Geburtstag nichts an Vitalität eingebüßt. Genug von der Kunst hat sie auch heute noch nicht, so EXPORT im Gespräch: „Die Kunst hat immer noch eine ganz starke gesellschaftliche Relevanz, auch wenn ich den utopischen Gedanken nicht mehr so formulieren würde wie in den 70er Jahren. Der künstlerische Ausdruck ist deshalb so bedeutend, weil er auch ein kultureller, zivilisatorischer Ausdruck ist und weil er die Geschichte im Zusammenhang der gesellschaftlichen Entwicklung darstellen kann. Kunst sensibilisiert für soziokulturelle Abläufe. Kunst ist das sensible Nervensystem der Gesellschaft, sie ist ein offenes System.“

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