Plädoyer für Adventmärkte

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Seit Mitte November ist es wieder so weit. In den Bäumen des Wiener Rathausparks hängen die bunten Leuchtkörper und darunter umstehen Holzbuden mit ein bisschen Kunsthandwerk und viel Kitsch den riesigen Christbaum. Nachrichtenmagazine evaluieren die besten Adventmärkte Österreichs, Punsch und Langos erzeugen eine bedenkliche Geruchsmischung, landauf, landein wird die stillste Zeit im Jahr in eine der lautesten verwandelt.

Während mit Regelmäßigkeit über die Einsparung von Feiertagen diskutiert wird, beginnt der Advent von Jahr zu Jahr früher, dehnt sich aus und wird nur durch Allerseelen gehindert, auch noch auf den Oktober überzugreifen.

Das ist die beste Zeit der Kulturpessimisten. Sie beklagen den Verfall der Volkskultur, geißeln den Konsumrausch und würden am liebsten Adventkranz und Christbaum allen verbieten, die nicht bereit sind, das Glaubensbekenntnis abzulegen.

Doch die Puristen und Pessimisten übersehen, was sich hinter Trubel und Geschäft verbirgt. Alles mögliche könnte mit Leuchtkugeln, mit Kauf- und Fressmärkten ausgestattet werden. Warum gerade der Advent? Worauf warten die Leute? Auf "Stille Nacht" unter Tannenzweigen? Und warum, wenn sie Christi Geburt, Menschwerdung und dergleichen sowieso für theologische Ladenhüter halten?

In einer Zeit, in der die Kirchen wenig gelten und Utopien verpönt sind, verkleidet sich eine restliche Zukunftshoffung im Kitsch der Adventmärkte, und man braucht sie umso länger, je schlechter es um die Hoffnung bestellt ist. Soll man sie abschaffen? Eine kleine Herde Frommer würde sich auf Adventkranz und Christmette beschränken. Aber die anderen? Niemand kann hoffnungslos leben. Hoffnung zu haben in einer Welt wie dieser, grenzt sowieso schon an Kitsch. Also bin ich für ausgedehnte Adventmärkte.

Der Autor ist freier Journalist.

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