Es ist keine Frage, dass das neue Islamgesetz einerseits den Muslimen in Österreich viele Rechte garantiert, es aber andererseits einige Punkte gibt, über die noch zu diskutieren wäre. Man kann nicht alles im Gesetz vorbehaltslos ablehnen, aber auch nicht vorbehaltslos hinnehmen. Mir geht es hier weniger um die einzelnen Schwerpunkte des Gesetzes, sondern um eine Kultivierung und Versachlichung der Debatte. Die muslimische Kritik am Gesetz artet zurzeit in Kritik an Personen aus. Vor allem gegen den Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Fuat Sanaç und gegen den Wiener Islamprofessor Ednan Aslan wird in den sozialen Netzwerken Hetze betrieben. Die Aktionen, federführend von der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) geführt, reichen von Schmähungen über Rücktrittsforderungen bis hin zur Ankündigung, rechtlich gegen den eigenen Präsidenten der IGGIÖ vorzugehen.
Dadurch wurde die Debatte um das Islamgesetz personifiziert, verunsachlicht und das Klima vergiftet. Ein konstruierter Opferdiskurs spaltet nicht nur die Gesellschaft, sondern begünstigt die Radikalisierung junger Muslime im Sinne: "Sie hassen euch und betreiben institutionalisierte Islamophobie gegen euch." Ich hätte gerade von den jungen, zum Teil gut ausgebildeten Muslimen mehr Verantwortung erwartet. Das Gesetz muss sachlich diskutiert werden, denn es geht nicht um die Herren Sanaç Aslan oder wen immer, sondern um die Einbindung der Muslime als einen selbstverständlichen Teil der österreichischen Gesellschaft. Ein Generalverdacht gegen Muslime ist genauso abzulehnen, wie ein Generalverdacht, Österreichs Gesellschaft sei islamophob.
Das Islamgesetz garantiert den Muslimen in Österreich Rechte, von denen andere Muslime in Europa nur träumen können. Auch das muss unterstrichen werden, selbst wenn das Gesetz Anlass zu einer Debatte gibt.
Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster
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