Political correctness

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"In einer (übrigens stets interessanten) Wochenzeitung" (gemeint war die Furche) fand Thomas Chorherr unlängst die Bezeichnung "osmanische Belagerung Wiens" - Grund für ihn, in einem "Quergeschrieben" der Presse Alarm zu schlagen; wo doch jeder von "Türkenbelagerung" spricht.

Jetzt darf man offenbar "Türken" auch nicht mehr sagen, nachdem schon "Zigeuner" und "Neger" verpönt sind - Chorherr scheint sich da sehr beherrschen zu müssen, auch wenn er konzediert, dass wir heute "zu Recht" von "Roma" und "Sinti" sprechen. Aber gleich folgt der Hinweis, dass es in anderen Sprachen kein derartiges Problem gebe. Vielleicht hängt das ja damit zusammen, dass die NS-Ideologie, die Hunderttausende Roma und Sinti das Leben kostete, in deutscher Sprache formuliert und exekutiert wurde. (Wer dabei auf das ungarische "cigány" verweist, sollte den richtigen Akzent setzen.)

Weil man political correctness schon immer damit am einfachsten lächerlich zu machen glaubte, dass man heutigen Sprachgebrauch in die Vergangenheit zurückprojiziert, darf natürlich der Hinweis auf den Türkenschanzpark oder das Zigeunerschnitzel nicht fehlen. Chorherr sieht offenbar Fanatiker am Werk, die auch Lenaus Gedicht "Die Drei Zigeuner" am liebsten gleich zensurieren würden. Außerdem findet er den Begriff "Afro-Brasilianer" witzig. In seiner Abwehrhaltung ist es ihm offenbar entgangen, dass das eine gängige Bezeichnung ist.

Thomas Chorherrs Kommentar endet mit dem Hinweis, dass die Türkenstraße der Berggasse benachbart ist, wo Sigmund Freud seine Ordination hatte. Die Phobie vor political correctness, die diskriminierende Bezeichnungen nur widerwillig unter dem Druck des öffentlichen Sprachgebrauchs vermeidet, könnte Freud allerdings auch interessieren.

cornelius.hell@furche.at

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