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Stephan Müller inszeniert erstmals seit 17 Jahren Goethes "Clavigo" in Wien.

Nach 17 Jahren ist nun Goethes "Clavigo" wieder in Wien zu sehen und erinnert an den großartigen Ulrich Mühe, der damals für seine Darstellung der Titelrolle u.a. den Gertrud-Eysoldt-Ring erhielt. Nun wird in einer stark gekürzten Fassung Goethes 1774 entstandenes Trauerspiel am Volkstheater aufgeführt. Der Schweizer Regisseur Stephan Müller hat das Drama auf seinen wesentlichen Konflikt reduziert und zeigt die Protagonisten Clavigo (Raphael von Bargen) und Carlos (Karl Wenninger) als teflonbeschichtete Managertypen.

Als dem Journalisten Clavigo der berufliche Aufstieg zum Archivarius des spanischen Königs in Aussicht gestellt wird, löst er seine Verbindung zur Französin Marie de Beaumarchais (Luisa Katharina Davids) und begibt sich ganz in die Hände seines Mentors Carlos. Mit ihm, dem scheinbar Wohlmeinenden, ist er sich einig: "Weiber! Man vertändelt gar zu viel Zeit mit ihnen."

Bei Müller sind die beiden groß gewordene verwöhnte Möchtegerne-Prinzen, die sich - wenn nicht alles nach ihren Vorstellungen läuft - an die Wände werfen und im Trotzanfall den Namen des Freundes rufen, brüllen, flüstern, quieken. Raphael von Bargens Clavigo ist wahrlich ein aalglatter Zauderer, ein schwacher Emporkömmling, während Karl Wenningers Carlos als intriganter Berater allzu blass und undefiniert bleibt.

Dennoch beherrschen die beiden die Posen der Macht, aber sie entwickeln sich nicht, und das liegt an der insgesamt stilisierten Rollengestaltung. Wie schicksalsgeleitete Puppen bewegen sich die Schauspieler in Hyun Chus elegantem Raum, der die Anziehungskraft des spanischen Königshauses für Clavigo andeutet. Mit rötlich-goldenen Vorhängen ist die leere Bühne ausgekleidet, bei Bedarf kommen die Requisiten des Archivarius aus dem Bühnenboden.

Die Kammer von Marie wird hinter weißen, verdichteten Vorhängen angedeutet, die die Enge ihres Entscheidungs- und Handlungsspielraums verdeutlichen. Höchst manieriert sind auch die Szenen in Hause Beaumarchais, wo vor allem Heike Kretschmer als biedere Schwester Sophie sowie Thomas Kamper als deren Mann die Haltung der frommen Bürgerlichkeit einnehmen. Auch hier etablieren klar gesetzte Gesten und choreografierte Blicke den sozialen Status. Als Maries Bruder Beaumarchais ist Günter Franzmeier zu sehen, dessen Darstellung des edlen Rächers völlig blass bleibt.

In Müllers ästhetizistischer Inszenierung beeindruckt vor allem das erste Drittel, dann aber verliert sich die Arbeit in leeren Posen, die die Charaktere in kalten und leblosen Bildern erstarren lassen.

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