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Im Tiroler Dorf Erl dirigiert Gustav Kuhn Richard Wagners Spätwerk in der Chronologie seiner Entstehung.

Wie Gustav Kuhn das schafft, weiß niemand: Im Passionsspielhaus des kleinen Tiroler Dorfes Erl dirigiert er derzeit en suite Richard Wagners Ring des Nibelungen, Tristan und Isolde und Parsifal - alles drei Mal hintereinander. Dazu in zwei Konzerten die vier Symphonien von Johannes Brahms. Macht inklusive Eröffnungsabend, an dem er Anton Bruckners dritte Symphonie wunderbar plastisch und transparent dirigierte, 24 Abende. Mit ihm hält sein Orchester der Tiroler Festspiele durch, besetzt mit Musikerinnen und Musikern aus 16 Nationen, die nicht nur die, teilweise jahrelang, erprobten und gerühmten Leistungen erbringen, sondern oft noch toppen.

Das Orchester bleibt der Star in Erl, und nur an den Brahms-Abenden, die Dirigent Tito Ceccherini mit Uraufführungen von Stefano Gervasoni und Wolfgang Rihm bereichert, wird es vom Haydn-Orchester Bozen-Trient abgelöst. Die Sängerbesetzungen wurden bisher unterschiedlich und keineswegs nach Namen aufgenommen: Gefeiert wurden etwa Alexander Trauners Siegfried-Wanderer, Gertrud Ottenthals Sieglinde, Wolfgang Schwaningers Loge und Jürgen Müllers Siegfried, während Francisco Araizas Siegmund wenig begeisterte.

Was Erlkönig Kuhn bis 28. Juli durchzieht (es gibt Restkarten), folgt einer präzisen Dramaturgie: Wagners Spätwerk in der Chronologie seiner Entstehung. Als Wagner den Ring des Nibelungen komponierte, stockte er mitten im Siegfried, weil er stilistisch nicht wie bisher weiterarbeiten konnte. 15 Jahre vergingen, bis er den dritten Aufzug in Angriff nahm, der Bruch ist evident. In der langen Pause schrieb er Tristan und Isolde und gelangte darin hart an die Grenze zur Auflösung der Tonalität. Die Meistersinger von Nürnberg folgten in einer wieder anderen Tonsprache, dann ging es weiter im Ring des Nibelungen, zuletzt folgte Parsifal. Kuhn teilt Siegfried auf zwei Abende auf, ergänzt von Meistersinger-Lesungen, weil dieses Werk in Erl noch nicht inszeniert ist.

Um bei den Tiroler Festspielen in Erl einen ganzjährigen Spiel- und Probenbetrieb zu gewährleisten, wird gegenwärtig ein Winterhaus geplant. Ein EU-weit ausgeschriebener Architektur-Wettbewerb entscheidet über Form und Erscheinung des neuen Hauses.

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