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Im Gegensatz zu Wien fanden gedeckte Einkaufspassagen in Prag rege Verbreitung. Im Wiener Ringturm ist ihre Architektur zu entdecken.

Bis heute behaupten sich in Prag Passagen als traditions- und stilreiche Alternative zur Shopping-Mall. Im Gegensatz zu Wien, wo man über repräsentative Straßen statt durch glasüberdachte Palais flanierte, erfuhr der Bautyp der Einkaufspassage in der tschechischen Metropole rege Aufnahme und innovative Verbreitung.

Einen Überblick über die reiche Vielfalt bietet die Schau "Passagen aus Prag" im Wiener Ringturm. Ein Modell veranschaulicht das dichte Netz, in dem sie Häuserblöcke der Innenstadt durchziehen. Fotos, Pläne und Kurztexte stellen einzelne Passagen von den Anfängen bis in die Gegenwart vor, die das Niveau der Pioniere mit weitläufigen Raumfolgen unter glasbausteingefüllten Stahlbetonrippen nicht mehr hält.

Ein Labyrinth an Durchhäusern prägte schon das mittelalterliche Prag. Mit ladengesäumten Mietshäusern knüpfte Karl IV. in der Neustadt daran an. Neue Glas-Stahl-Konstruktionen führten am Ende des 19. Jahrhunderts in Brüssel, Paris und London zur Galerienhochblüte, zeitversetzt kam es im Prag der 20er zum Passagenboom. Mehr als nur Konsumtempel, spiegelten sie den ästhetisch-kulturellen Aufbruch einer Epoche wider, durchziehen als pulsierende Adern städtischen Lebens die Neustadt. Modern in tschechischen Art-Deco, Funktionalismus und Rondo-Kubismus gekleidet, wurden sie um Funktionen wie Kino, Kabarett, Cafés bis hin zum Bad erweitert. Um Räume von betörend illusionistischer Wirkung zu schaffen, reizte man die Möglichkeiten der Bau- und der florierenden Glasindustrie aus.

Den glanzvollen Anfang machte die "Koruna Passage" am Wenzelsplatz. Antonín Pfeiffer plante sie 1914 als einen der ersten Stahlbetonbauten mit glasgedeckter, zweigeschossiger Schwimmhalle im Untergeschoß, 1931 wurde ihr Café zur Funktionalismus-Imbiss-Legende "Automat" umgestaltet. An seinem Palais mit "Lucerna Passage"(1920) baute Baumeister Václav Havel, Großvater des Ex-Präsidenten, fast 15 Jahre. Kühn von Statiker Stanislav BechynÇe als siebenstöckiges Stahlbetonrahmentragwerk mit Hängedecken konstruiert, in orientalisch inspiriertem Art-Deco, mit Kino, Kabarett, japanischem Tea-room und Edelrestaurant war sie eine Attraktion zur Laterna-magica-Zeit.

Als "Lichtwunder der Gegenwart" imaginierte Paval Janák die Spiegelpassage (1929), die sich mit weißen Opaxitflächen, Spiegeln, Messing und Glas vor Luxusläden durch ein Neorenaissance-Palais schlängelt. Zeitgleich entstand das "U St´yblºu", ein Paradebeispiel des Funktionalismus, das Oval seiner zweigeschossigen Alfa-Passage überwölbt ein glasbausteingefülltes Stahlbetongerippe. Ebenso effektvoll überdachten Antonin ÇCern´y und Boumíl Kozák die Kuppelhallen zwischen den drei Wohntürmen der "Broadway Passage", die mit runden Eckfenstern, verchromten Auslagen, Spiegeln und Kino ihrem Namen Ehre macht.

Bestechend elegant sind die Passagen von Handelsbank (FrantiÇsek Marek, 1937-39) und Nationalbank (FrantiÇsek Roith, 1935-38), unter deren ladengesäumten, sanften Bogen aus Glas und Stahl man vom Bahnhof zur Stadt flaniert. Die Schau weckt Lust auf Prag, ihre Kuratoren Michaela BroÇzová und Ivo Hanel verfassten auch einen "Begleiter für Flaneure, Passanten und/oder Touristen." Der sollte ins Gepäck.

Passagen aus Prag

Ausstellungszentrum im Ringturm

Schottenring 30, 1010 Wien

Bis 11. 3., Mo-Fr 9-18, Do bis 19.30 Uhr Eintritt frei.

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