Pralles Leben im knallbunten Dekor

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Die Wiener Volksoper zeigt Rossinis "Barbier von Sevilla" in deutscher Übersetzung: szenisch leicht überdreht, musikalisch durchaus erfreulich.

Es wird ausgiebig gelacht, die Neuproduktion von Gioachino Rossinis "Barbier von Sevilla" in der Volksoper Wien versetzt das Publikum in freudige Hochstimmung. Ein Grund dafür ist zweifellos der vollkommen richtige Entschluss der Direktion, im Haus am Gürtel fremdsprachige Opern in deutschen Übertragungen zu spielen - jede Textpointe der Rossini-Buffa ist verständlich; wobei man aber auch anmerken möchte, dass die modernisierte Übertragung nach den Übersetzungen von Günther Rennert und Ignaz Kollmann namentlich in den Rezitativen recht holprig wirkt - hätte man nicht zugunsten des Sprachflusses auf die Rezitative verzichten und diese durch Dialoge ersetzen können? Ein weiterer Grund für den neuen Volksopernerfolg ist die Regie von Josef Ernst Köpplinger, der dem Haus am Gürtel bereits vor Jahren mit seiner zwischenzeitlich auch in Graz gezeigten Produktion von Wilhelm Kienzls "Evangelimann" einen Publikumserfolg beschert hat.

Überbordende Aktion

Der Ideenreichtum, mit dem er Rossinis Meisterwerk auf die Bühne gebracht hat, spricht Bände: In vollkommener Übereinstimmung mit dem knallbunten Bühnenbild von Heidrun Schmelzer (ein auf der Drehbühne aufgebautes Haus mit vielen Zimmern und Treppen) ist bei ihm ständige Bewegung angesagt - und wenn diese die Hauptakteure nicht selbst betrifft, dann sind es Soldaten, Nutten, Priester, Bauarbeiter und Passanten, die die Bühne bevölkern - wenn nicht gar "übervölkern", denn bei soviel überbordender Aktion geht das eigentliche Geschehen zuweilen hinter dem turbulenten Beiwerk unter - und leider immer wieder auch Rossinis Musik.

Dabei wurde gerade diese in der Premiere sehr erfreulich dargeboten, insbesondere von Daniela Fally und Daniel Schmutzhard. Die Sopranistin glänzte als Rosina mit treffsicheren Koloraturen und Spitzentönen, überhaupt mit großem sängerischem und spielerischem Können - und ähnlich flink, agil und flott agierte auch ihr Baritonkollege. Ging der sehr junge Sänger seine Auftrittskavatine noch mit zu viel Druck an, so überzeugte er nachfolgend umso mehr mit frechem Spiel und der Flexibilität seines schönen Baritons. Erstaunliche Höhen und Eleganz bot Ferdinand von Bothmer als Almaviva, ein kraftvoller Bartolo samt halsbrecherischer Parlandopassagen war Lars Woldt. Neben Sorin Coliban als Basilio und Sulie Girardi als Berta darf der gebeutelte Ambrosio von Robert Hollmann nicht vergessen werden, dem in der pointenüberzogenen Regie jede Tür nicht nur einmal auf die Nase schlägt.

Inspiration vom Pult

Über den musikalischen Ablauf wachte Karel Mark Chichon; er hielt das Orchester zu animiertem Spiel an. Die Subtilitäten, zu denen er seine Mitstreiter anspornte, blitzten aber nur passagenweise auf: im Graben fand man nur bedingt zu der Leichtigkeit, auf die der Maestro offensichtlich abgezielt hatte. Trotz solcher Einschränkungen zeigte sich das Premieren-Publikum hocherfreut - und die nächste Buffa in der Regie des Klagenfurter Intendanten ist bereits angekündigt: In der kommenden Spielzeit wird Josef Erst Köpplinger Aubers "Fra Diavolo" an der Volksoper inszenieren, eine Produktion, die später auch in Klagenfurt zu sehen sein wird, während die schon in Kärnten gezeigte "Ariadne auf Naxos" von Klagenfurt an die Volksoper übernommen wird.

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