Preis und Wert der Qualität im journalismus

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Die Qualität von Medien ist strittig. Der Medienaufwand der Regierung unbekannt. Österreichs Verleger wollen Klarheit über Begriffe und mehr Transparenz schaffen.

Für alle, die Qualität im Journalismus für nicht definierbar oder für beliebig halten, hatte Klaus Schönbach präzise Antworten parat. Diese präsentierte er beim ersten Tag des Qualitätsjournalismus, der vorige Woche auf Initiative des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) gemeinsam mit dem Manstein-Verlag abgehalten wurde.

Schönbach, seit vorigem Jahr Leiter des Publizistik-Institutes der Universität Wien, nannte die in einer Delphi-Studie in den Niederlanden erhobenen - und einmal mehr bestätigten - Anforderungen an Journalismus: Dieser solle Fakten korrekt und unparteiisch wiedergeben, wahrhaftig und ausgewogen berichten, sich einer verständlichen Sprache bedienen und transparent sein, also Quellen und den Prozess der Recherche sowie der Information offenlegen.

Kriterien und Ressourcen zählen

Zu den Kriterien zählten weiters Aktualität, die Einhaltung der Trennungsgebote (Trennung von Bericht und Meinung, Trennung des redaktionellen Teils eines Mediums von dessen Anzeigenteil) sowie der Schutz der Privatsphäre bzw. die Abwägung von Veröffentlichungen. Der über allem stehende Metawert sei die Transparenz, so Schönbach (Porträt rechts).

Der Wissenschafter ersparte somit seinem Kollegen Stephan Russ-Mohl die Verweise auf weitere Studien zum Thema. Einige davon hat Russ-Mohl, Journalistik-Professor in der Schweiz und Kolumnist dieser Zeitung, angeregt, betreut und verfasst - und er nannte den zweiten konkreten Punkt des Qualitätsjournalismus: Ressourcen.

Es sei ein Fehler, am Journalismus zu sparen. Wer mit einem Medium Qualität bieten wolle, müsse aufklären - doch dafür müssten die Verleger den Journalisten den Rücken stärken, sagte Russ-Mohl. Qualität sei jedenfalls, so VÖZ-Präsident Hannes Gasser, "die ausschlaggebende Voraussetzung für Auflage und Reichweite in der Zielgruppe“. Doch nicht nur das, wie Gasser, zugleich Vorstand des WirtschaftsBlatt Verlag AG, im Gespräch mit der FURCHE ergänzte.

Der wichtige Unterschied zu gratis

In der Zeitungsbranche hätten sich Gratistitel entwickelt, über das Internet sei vieles an Nachrichten gratis verfügbar. Wie also einen Preis für Kaufzeitungen, für Abonnements begründen? Hans Gasser (linkes Porträt) dazu: "Meine These ist: Das lässt sich nur mit Qualität argumentieren.“

Die journalistische Qualität bestehe weiters darin, die Befindlichkeit der Zielgruppe zu kennen und ihren Bedarf zu erfüllen, also Nutzwert zu bieten. "Das ist vielen Geld wert“, sagt Gasser. Mit Printmaterial verstopfte Briefkästen oder U-Bahnen, herumliegende Exemplare von Gratis- und Pendlerzeitungen werde es geben, solange sie die Werbewirtschaft finanziere. Journalistische Qualität lasse sich, so Gasser, "auf jedem Niveau erreichen oder verfehlen“. Aber Zeitungen, die von ihren Lesern Geld verlangen, seien nicht nur verpflichtet, Qualität zu liefern, sondern könnten diese dadurch auch eher finanzieren. Es wäre zu begrüßen, würde die werbetreibende Wirtschaft etwas weniger auf Masse und auf Massenmedien mit größtmöglicher Reichweite setzen, sondern mehr auf Qualitätsmedien und Zielgruppen. Das Umfeld der Werbung bestimme nämlich die Qualität ihrer Wirkung mit.

Völlig unabhängig von der klassischen Werbung gebe es aber, so Gasser im Interview, eine "problematische Entwicklung“, nämlich die Schaltung millionenschwerer Kampagnen der öffentlichen Hand in ausgewählten Medien.

Regierung verhandelt Transparenz

Die Aufwendungen dafür hatte Gasser kürzlich in einem Standard-Gastkommentar für das Jahr 2010 mit rund 100 Millionen Euro beziffert. Das ist ein Mehrfaches der staatlichen Presseförderung. Bei Zuwendungen "in einem solchen Ausmaß“ sei die Vermutung naheliegend, dass einzelne Medien in ihrer Kritik- und Kontrollfunktion, in ihrer Eigenschaft als public watch dog, manipuliert werden sollen, sagte Gasser.

Das "gezielte Anfüttern“ von Medien mit Millionen-Beträgen sei "wettbewerbsverzerrend“ und berge die Gefahr in sich, "den watch dog an die Leine zu legen“. Natürlich sei zu unterscheiden, ob es sich um Verleger mit dem Selbstverständnis einer demokratiepolitischen Kontrollinstanz handle, oder um jene, die mit dem Ziel höchstmöglichen Ertrages versuchten, so viel Anzeigengeschäft wie möglich zu machen. Jedenfalls habe man wegen der umfangreichen Kampagnen der öffentlichen Hand "gespürt, da läuft etwas schief“. Daher kam es zu dem inzwischen begutachteten Gesetzesentwurf für mehr Transparenz von Regierungsinseraten.

Informations- und Werbekampagnen öffentlicher Institutionen und von Staatsunternehmen seien völlig legitim, doch der Zeitungsverband wünsche eine Offenlegung dieser Geldströme: "Wir wollen nur die Nettobeträge genannt haben, wie viel von welcher Institution in welchem Zeitraum an welches Medium geflossen ist.“

Entgegen den vorgebrachten Einwendungen könne es kein allzu großer Aufwand sein, das zu erheben. Staatsunternehmen würden entgegen ihren Behauptungen auch keinen Nachteil gegenüber werbender Konkurrenz erhalten, weil man sich ohnedies gegenseitig beobachte. Gasser: "Ich habe ein eigenartiges Gefühl bei dieser Angst vor Transparenz.“

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