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Internet-Pionier Dieter Rappold rät Verlegern zur Offensive. Mit Kreativität zu neuen Erlösmodellen im Internet.

Dieser Mann liest der Medienbranche die Leviten: Dieter Rappold, einer von drei Eigentümern der in Wien ansässigen "Agentur für Neuer Medien", Knallgrau, rät den klassischen Medien, insbesondere Zeitungen, dringend zu einer Offensive im Internet. Zuletzt bei der Generalversammlung des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), diese Woche in Wien.

Rappolds Analyse: Die Medienwelt sei nicht mehr in Zeitungen, Radio und Fernsehen dreigeteilt. Das Internet sei als viertes Trägermedium hinzugekommen. Damit hätten sich die Verhältnisse grundlegend geändert.

Vor einigen Jahrzehnten noch sei Aufmerksamkeit nahezu grenzenlos verfügbar gewesen, lediglich gute Inhalte seien das knappe Gut gewesen. Heute sei es, so Rappold gegenüber der FURCHE, umgekehrt: Aufmerksamkeit sei Mangelware, Inhalte seien grenzen- und endlos verfügbar. Information sei kein knappes Gut mehr. Mit dem Internet habe sich zudem die Mediennutzung verändert, und zwar vom Vortrag der klassischen Medien zum Gespräch der Nutzer im Internet. Der Wandel laufe vom editorial content zum conversational content. Genau darauf müssten die Printmedien - fast scheint Rappold zu sagen: endlich und ausreichend - reagieren.

Die beste Möglichkeit der Kundenbindung bestehe darin, via Internet eine Plattform für die Gespräche rund um die Inhalte zu bilden. Armin Wolf, Moderator der ORF-Nachrichtensendung Zeit im Bild 2, sei mit seinem Twitter-Auftritt dafür ein positives Beispiel. Gerade Zeitungen lebten ja, so Rappold, von Köpfen, von Personen als Marken. Aber, so sei zu fragen, wie stehe es um deren Identitätsmanagement im Internet? Seien diese Personen via Netz ansprechbar? Oder seien sie vielmehr, so vermutet der Internet-Pionier Rappold, nicht fähig, im Internet ein erfolgreiches Beziehungsmanagement zu betreiben?

Werbeetats wandern ins Netz

Für die "emotionale Abwehrhaltung" mancher Journalisten und Verleger, mit dem Bürgerjournalismus sowie Meinungsforen des Internet sei die mediale Qualität gefährdet, zeigt Rappold wenig Verständnis. Der Medienkonsum habe sich geändert, die Medien nicht, daher hätten sie Terrain verloren. Es gebe keinen Massenmarkt mehr, sondern nur noch massenhaft Nischenmärkte. Qualität hänge nicht am Papier, aber Werbeetats würden ins Netz wandern, wie sich in den USA und in Großbritannien zeige.

Genau darauf hätte etwa die Zeitung Los Angeles Times richtig reagiert. Sie habe ihren Mitarbeitern zwei Jahre hindurch 40 Kurse angeboten, in denen diese gelernt hätten, für das Internet Meldungen zu schreiben, Verlinkungen vorzunehmen, Leserkontakte zu pflegen. Zugleich hätten sie dort journalistisch-redaktionelle Inhalte angeboten. Dafür hätten sie die Zahl von neun Millionen Inbound-Links erreicht: Genau neun Millionen Websites verweisen auf eine Seite des Online-Auftrittes der Los Angeles Times. Mittlerweile verdient die Los Angeles Times online so viel Geld, dass sie damit sowohl die Online- als auch die Print-Redaktion finanzieren kann. Rappold rät den österreichischen Medien daher zu mehr Mut, den die deutschen Medien zu haben scheinen: Zwei Drittel seiner Umsätze erzielt Knallgrau in Deutschland.

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