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In Meran verkündete man jüngst der anläßlich des Lyrikpreises anwesenden Presse eine Neuigkeit, die man in Wien noch nicht für spruchreif hielt: Das Wiener Literaturhaus soll einen neuen Leiter bekommen, den Germanisten und verdienten Obmann der "Bücherwürmer Lana" Robert Huez.

Hinter den Kulissen war das freilich schon durchgesickert, auch weil das Auswahlverfahren des vom Staat mit knapp 1,3 Mio. Euro (17,8 Mio. ÖS!) jährlich gefütterten Vereins "Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur" einige Irritationen ausgelöst hatte. Abgesehen davon, daß in der Endrunde zwei sowohl durch ihre Publikationen als auch im Veranstaltungsbereich profilierte Literaturwissenschaftler übergangen wurden, gab es unter den acht Verbliebenen drei höchst qualifizierte und ebenfalls mit dem Wiener Literaturparkett bestens vertraute Damen, für deren keine sich der (zu 89 Prozent) männliche Vorstand erwärmen konnte. Nur drei der neun heimischen Literaturhäuser werden zur Zeit von einer Frau geführt: Hier hätte man einmal die Lippenbekenntnisse in Taten umsetzen können, ohne es irgendwie billiger zu geben.

Wie man hört, sollen bei der Entscheidungsfindung Fraktionsbildungen eine Rolle gespielt haben, die sich eher dem Blick auf die von Heinz Lunzer geprägte Vergangenheit der Institution verdanken als einer Orientierung auf die Zukunft. Von "institutioneller Verhaberung" sprach Harald Klauhs in der Presse.

Problematisch ist nicht nur die Struktur. In den letzten Jahren war die "Dokumentationsstelle" immer mehr verkümmert, während das Feld des Literaturveranstalters mit unbefriedigendem Ertrag bestellt wurde. Den engagierten Mitarbeiterinnen und etlichen gelungenen Abenden zum Trotz haftet dem Haus in der Seidengasse der Ruch der Konzeptlosigkeit an. Man kann Herrn Huez nur alles Gute wünschen.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin in Wien.

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