Pulverschnee im Museum

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Gelungene Retrospektive: Alfons Waldes Landschaften mit roten Tupfen im Wiener Leopold-Museum.

Kunst und Sport. Nur sehr zaghaft sprießen zu dieser Kombination zeitgeistige Cross-over-Projekte und Kunstschaffende aus der ersten Liga der öffentlichen Präsenz nehmen sich eher selten des Themas an. Auch wenn es in jüngster Zeit da und dort Präsentationen der Symbiose von Kunst und Sport gegeben hat, die breite Aufmerksamkeit konnten sie nicht erreichen. Dabei hat Österreich einen prominenten Vorreiter, der das Genre bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts äußerst erfolgreich vertreten hat. Und bereits damals war klar, dass wir im Schifahren besser sind als im Fußballspielen. Überzeugen kann man sich derzeit davon in der Retrospektive der Arbeiten von Alfons Walde im Leopold Museum.

Von Tirol in Schieles Wien

Der Tiroler Alfons Walde kommt 1910 nach Wien, um an der Technischen Hochschule zu studieren. Wichtiger werden aber der malerische Einfluss von Gustav Klimt und von Egon Schiele, mit dem Walde auch befreundet ist. Die Auswirkungen dieser Begegnungen auf die Malgründe von Walde zeigt das Leopold Museum mit frappierenden Parallelstellungen. So verewigt Walde das Konterfei von Schiele und übernimmt dabei auch dessen typischen Porträtstil. Und auch zwei nebeneinander positionierte Stadtansichten der beiden erzählen viel von einem gemeinsamen Ringen um Komposition und Farbmodulation.

Der Krieg unterbricht das beschauliche Leben, wie viele Künstler versteht auch Walde den Krieg einerseits als Reinigung der dekadenten Gesellschaft, anderseits aber auch als einen gerechten Kampf fürs Vaterland. Er rückt ein und dokumentiert die Geschehnisse in Idealbildnissen und verharmlosenden Genrebildern. Die wahre Brutalität des Krieges, von denen die danebengehängten Arbeiten von Albin Egger-Lienz und Josef Piffrader berichten, fehlt.

Nach dem Krieg kehrt Walde nochmals kurz zur Beendigung des Studiums nach Wien zurück, um sich dann aber bis zu seinem Lebensende im heimatlichen Kitzbühel niederzulassen. Dort widmete er sich dann ausgiebig seinem Markenzeichen, dem Schnee. Der Enge der Großstadt entflohen bietet ihm die Entwicklung von Kitzbühel zum mondänen Schiparadies ausreichend Motive. Bereits mit dem "Gasslrennen" von 1913 gelang Walde eine lebendige Schilderung der Wettfahrt von Pferdeschlitten. Nun zeigt er, mit verstärkter farblicher Expressivität, die Steilheit des Geländes, über dem sich ein Schispringer in die Tiefe stürzt - er schwebt in der Höhe des Gebirgsmassivs in Richtung einer unsichtbaren Landefläche, tief darunter liegt das kleine Kitzbühel. Oder Walde lässt einen Schifahrer scharf vor dem unteren Bildrand noch zu einem dynamischen Schwung ansetzen - der Pulverschnee stiebt beinahe in den Ausstellungssaal. Die Motive reichen vom "Übungshang", über lange "Aufstiege" bis zur "Gipfelrast" der Könner. Der malerische Könner Walde bringt seine Fähigkeiten auch in die Plakatkunst ein, einige seiner Tirolwerbungen gehören fix zur Geschichte des Plakats.

Ahnherr der Plakatkunst

Aber Walde zeigt auch das andere Tirol: die stille Landschaft, im Sommer wie im Winter. Da trifft man kaum auf Menschen, alles scheint wie ausgestorben, bloß die Spuren unserer Kulturtechniken wie Häuserbauen oder Wegeanlegen lassen Vertrautheit aufsteigen. Und dann tauchen sie doch auf, die Leute aus der Gegend. Flankieren ein Wegkreuz zu einer tief verschneiten Dreiheit, tummeln sich bei der Fastnacht, präsentieren sich bildfüllend als Bauersleute voller Tatendrang oder erklimmen als Wanderer luftige Höhen.

Und spätestens jetzt bricht ein Faible durch: Walde bietet dem Auge der Betrachter immer wieder einen roten Punkt, mal zur Konzentration, mal zur Zerstreuung an, mal ein Laken, mal ein Pullover. Gerade die direkte Gegenüberstellung von Walde mit einigen seiner Kollegen versetzt einen durch Waldes malerische Überzeugungskraft mitten in Wien nach Tirol. Als Ergänzung zeigt die Schau auch einen wenig bekannten Walde der Akte und Stillleben.

Alfons Walde

Leopold Museum, Museumsplatz 1

(im Museumsquartier), 1070 Wien

Bis 19.6. Mi-Mo 10-18, Do 10-21 Uhr

Katalog: Leopold Museum-Privatstiftung (Hg.), Alfons Walde. Wien 2006, 144 Seiten, e 24,90

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