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Zum 100. Geburtstag von Paula Wessely: Problematische Ausstellung im Theatermuseum.

In Walter Reischs und Willi Forsts Erfolgsfilm Maskerade (1935) hatte die 27-jährige Paula Wessely ihren Initialauftritt. "Warum gerade ich?", fragt sie sich da als Poldi Dur. Von da an war die Wessely ein Star. Tatsächlich verrät wenig und schon gar nicht ihre Äußeres, das keinem Schönheitsideal je entsprach, warum dem so war. Mit dem von ihr eifrig mitkonstruierten Image als Ehefrau und Mutter kann sie beinah als Antistar bezeichnet werden: kein glamouröser Lebensstil, weder extravagantes Aussehen noch exaltiertes Auftreten. Sie war in ihrem bürgerlichen Leben so schlicht wie die Frauenfiguren, die ihr beinah buchstäblich auf den Leib geschrieben worden sind. Sie spielte kaum einmal eine andere Rolle als sich selbst.

Eine "natürliche" Frau

Daher rührt der verblüffende Realismus ihres Darstellungsstils, der wegen seiner immer wieder hervorgehobenen Natürlichkeit die Technik, die dahinter steckt, vergessen lässt. Mit ihrer nuancenreichen Sprechkunst (die Wessely-Sprache wurde zum Vorbild für Legionen von Bühneneleven) verband sich eine körpersprachliche Präsenz, die ihre Wirkung weder durch große, expressive Gesten noch durch eine drastische Mimik entfaltete, sondern eher durch Verhaltenheit und Eindeutigkeit wirkte. Ihre Bühnenrepräsentanz war scheinbar weniger Spiel, dafür mehr echte Anverwandlung.

Bei kaum einer anderen Schauspielerin war die Kongruenz von Rolle und Leben so ausgeprägt, die Variationsbreite so schmal wie bei Paula Wessely. "Ich muss mit meiner Rolle eins werden und doch ich selber bleiben", lautete einer ihrer Grundsätze. Das mag der Grund dafür sein, dass sie den Weg ins Charakterfach stets ausschlug und kaum wagte, Angebote über die engen Grenzen der typischen Wessely-Rollen hinaus zu übernehmen.

So war die Darstellung abgründiger Seelenlandschaften ihre Sache nicht. Dafür umso mehr die der bodenständigen, opferbereiten, schicksalsergebenen, fühlenden Frau. Das Bild dieser duldsamen, natürlichen Frau hat sie nicht nur für faschistische Medialisierungen attraktiv gemacht, ihr vor allem von Seiten der feministischen Filmwissenschaft auch den Vorwurf eingebracht, sie sei die Schauspielerin einer unterwürfigen, verdrängten, gleichsam entsexualisierten Weiblichkeit.

Wie keine andere Schauspielerin polarisiert Paula Wessely noch Jahre nach ihrem Tod (2000) die österreichische Öffentlichkeit. Die einen sehen in ihr die größte Schauspielerin in der Theater-und Filmgeschichte des Landes und wollen sie durch ihre zwar nicht enge, aber doch allzu systemkonforme Beziehungen zum NS-Regime als nicht belastet sehen, während die anderen sie durch ihre Dienstbarkeit deutlich kompromittiert und darüber hinaus als jene gedächtnispolitische Symbolfigur ansehen, durch die in der Zweiten Republik ein echter Neubeginn und eine Entnazifizierung nicht stattgefunden haben. Wer sie so sieht, kann auch an ihrer Schauspielkunst nur schwer noch etwas Gutes finden.

Keine neuen Erkenntnisse

Das österreichische Theatermuseum, dem 2005 von der Erbengemeinschaft der Nachlass von Paula Wessely und Attila Hörbiger überlassen wurde, versucht nun auf der Basis des hinzugekommenen Materials einen "neuen Blick auf die Schauspielerin und ihre Karriere" zu werfen. Was sich dem Besucher der Ausstellung auf den 550 Fotografien und ebenso vielen Bildtafeln als "neue" Erkenntnis anbietet, ist nicht leicht zu sagen, wer gar gehofft hat, mit der Ausstellung würde endlich die Phase einer kritischen Wessely-Rezeption, jenseits der bekannten Zuschreibungen, (Vor)verurteilungen und Selbststilisierungen eröffnet, sieht sich eher enttäuscht.

NS-Zeit ohne Kommentar

Gleich im Eingangsbereich wird man mit den zahlreichen Ehrungen konfrontiert, während im Rücken des Betrachters der Sündenfall und das Nachkriegstrauma von Paula Wessely, die Kerkerszene mit dem langen Monolog der antisemitischen Lehrerin Maria Thomas aus dem unsäglichen Propagandafilm Heimkehr (1941) mehr zu hören als zu sehen ist. Der Betrachter freilich wird seltsam allein gelassen und es fällt schwer, das Gesehene in seiner Tragweite und Perfidie einzuordnen. Und wäre hier nicht auch der Hinweis angebracht gewesen, dass durch das Verbot des Films nach 1945 auch die persönliche Verstrickung der Beteiligten verdeckt und so die Verdrängung erst möglich gemacht wurde?

Überhaupt hat man den Eindruck, als würden manche Dinge sorgsam ausgespart. Zudem wagt die Ausstellung kaum einen eigenen Kommentar, sie dokumentiert bloß. Zu sehr betrachtet der Kurator Kurt Ifkovits Paula Wessely durch den Blick der zeitgenössischen Theater-und Filmkritik, ohne diesen Blick jedoch kritisch zu würdigen oder ihn zeitgeschichtlich zu kontextualisieren.

Damit entsteht ein Bild, das weitgehend schon bekannt ist: Paula Wessely als eine der größten Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts, die auch zu den prägenden Figuren des deutschsprachigen Tonfilms gehörte. Paula Wessely als große Doyenne des österreichischen Theaters, bei deren unverwechselbaren Darstellungskunst so mancher Kritiker in wortreiche Schwärmerei geriet, um das "Elementarereignis Wessely" in angemessene Worte zu kleiden.

Ein Manko der Ausstellung ist auch, dass man die Schauspielerin kaum in Aktion sieht. Wenn stimmt, was der Kritiker Piero Rismondo - und nicht nur er - einst schrieb, dass nicht in der "unscheinbaren Erscheinung" die überragende Bedeutung der Wessely liege, sondern in der Stimme, dann muss man fragen, was eine Ausstellung, die vorwiegend auf Fotografien aufbaut, über die Rollen der Wessely zu erzählen vermag. Und die Rollen, die sie jenseits der Bühne oft unfreiwillig zu spielen hatte, bleiben völlig unbelichtet.

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