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Kroatien, letztes "katholisches" Land Europas außerhalb der EU, hofft auf den Beitritt noch in diesem Jahrzehnt.

Während in den Hauptstädten der anderen Reformländer Mitteleuropas Feuerwerke und Sektkorken knallten, gab es in Zagreb nur die Hoffnung auf den EU-Beitritt zu feiern: Kroatien ist mittlerweile das letzte "katholische" Land Europas, das außerhalb der Europäischen Union liegt.

Doch auch in diesem Land, das - wie es seine Politiker unisono formulieren - wegen des jüngsten Kriegs gut zehn Jahre hinter den Musterschülern unter den Reformländern liegt, herrscht in der politischen Klasse geradezu Euphorie: Anfang 2003 hatte Kroatien das EU-Aufnahmeansuchen abgeschickt, am Vorabend der Erweiterung erhielt Kroatien dann die ersehnte Post aus Brüssel: Am 20. April veröffentlichte die EU-Kommission den so genannten "Avis", der dem EU-Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien empfiehlt.

Boze Biskupic, kroatischer Kulturminister, verwies Ende April vor österreichischen Journalisten in Zagreb auf das Beispiel Slowakei: Vor zwei Jahren hätte niemand geglaubt, dass dieses Land mit 1. Mai 2004 zur EU gehören würde. Biskupic: "Dass wir es bis 2007 schaffen könnten, das ist unsere Hoffnung. Unsere Erwartung richtet sich allerdings auf einen Beitritt 2008, 2009 oder 2010 ein." 2007 ist laut EU-Fahrplan das mögliche Beitrittsjahr für die nächste Runde mit Rumänien und Bulgarien. Kroatien könnte Rumänien da gar überflügeln: Davon gehen in Zagreb viele aus.

Der Beginn dieser Beitrittsverhandlungen, die noch der Zustimmung der einzelnen EU-Staaten bedürfen, war nicht zuletzt wegen des Vorwurfs der mangelnden Kooperation Kroatiens mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal blockiert worden. Nachdem aber Chefanklägerin Carla del Ponte die positive Bereitschaft Kroatiens zur Zusammenarbeit ausdrücklich gewürdigt hatte, stand dem positiven "Avis" der EU-Kommission nichts mehr im Weg, auch wenn der als Kriegsverbrecher gesuchte General Ante Gotovina immer noch flüchtig ist.

Anfang 2004 kam die von der ehemaligen Tudjman-Partei HDZ geführte Regierung unter Ivo Sanader ins Amt. In Bezug auf die EU hat Sanader nie einen Zweifel daran gelassen, dass der Beitrittskurs Kroatiens weiter forciert werden soll. Marija Pejcinovic, Staatssekretärin im Zagreber Europaministerium, die auch schon in der sozialdemokratischen Regierung Racan tätig war, sieht in der derzeitigen Konstellation sogar Vorteile: Sanader könne innenpolitisch heiße Eisen wie die Rückkehr der serbischen Flüchtlinge oder die Auslieferung von Kroaten ans Kriegsverbrechertribunal viel eher anpacken, weil er nicht in den Geruch komme, unpatriotisch zu sein.

Dennoch liegt bis zum EU-Beitritt noch ein ordentliches Stück Arbeit vor Kroatien: Abgesehen von der Anpassung des kroatischen Rechts an EU-Recht, die, so Staatssekretärin PejÇcinovi´c schon laufend geschieht, bleiben bilaterale Probleme wie die einseitige Ausrufung einer Fischereizone in der Adria, die Italien und vor allem das nunmehrige EU-Mitglied Slowenien verärgert. EU-Beobachter verweisen auch auf die mangelhafte Privatisierung und die weiter ausstehende Reform des Grundbuchs: Hier sei Kroatien von der Europareife noch weit entfernt.

Drei Viertel der Kroaten sind, einer Umfrage zu Folge, für den EU-Beitritt. Ob - wie in anderen Reformländern - diese Begeisterung bald einer EU-Skepsis weichen wird? Pejcinovic ist sich bewusst, dass die Politik der Bevölkerung die EU "gut erklären" wird müssen.

Zu Kroatiens Beitrittsansuchen 2003 gab es eine offizielle CD mit dem Slogan: RE:member Croatia! Dieses englische Wortspiel, das die Aufforderung an Europa darstellt, sich Kroatiens zu erinnern, und gleichzeitig das englische Wort für "Mitglied" beinhaltet, spricht vielen Kroaten da aus dem Herzen.

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