Recht auf Eucharistie!

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40 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil hat die katholische Kirche ein fundamentales Priester-Problem. Damit ist aber keineswegs die sexuelle Orientierung ihrer Geweihten gemeint.

Man kann die in der letzten Woche auch offiziell kundgemachte Vatikan-Instruktion, die Menschen mit "tief verwurzelten homosexuellen Tendenzen" vom Priesteramt ausschließt, mit dem Argument abtun, Rom stelle damit bloß etwas bereits Bekanntes fest. Man kann darin auch mehr eine auf die Kirchenlage jenseits des Atlantiks gemünzte Reaktion sehen: In den usa gibt es eine Reihe von Priestern, die in der Schwulenbewegung aktiv sind - und genau das soll durchs Vatikan-Papier explizit verunmöglicht werden; außerdem waren die Pädophilie-Skandale in den usa jedenfalls medial brisanter als in Europa.

Der kurzen, aber heftigen Kritik an dem Dokument ist, was die Sache betrifft, wenig hinzuzufügen: Die darin implizierte Qualifizierung von Menschen mit gleichgeschlechtlicher Veranlagung, für den Zölibat ungeeignet zu sein, ist eine klare Diskriminierung; und sollte damit gemeint sein, dass diese grundsätzlich auch mehr der Pädophilie verdächtig seien als Heterosexuelle, wäre das noch empörender.

Weitere Fragen folgen auf dem Fuß: Kann es die katholische Kirche sich überhaupt leisten, auf homosexuell veranlagte Priester zu verzichten? Was ist mit jenen, die schon geweiht sind, und die solch "tief verwurzelte" Tendenzen zeigen, deren Verbot nun wortreich bekräftigt wird - auch wenn die Formulierung so wolkig gestaltet wurde, dass kaum verständlich scheint, was mit "tief verwurzelt" genau gemeint ist. Zu allem Überfluss werden in der Instruktion noch der Spiritual, der geistliche Begleiter eines Priesterkandidaten, sowie sein Beichtvater in die Pflicht genommen: Eigentlich Vertrauenspersonen, sollen diese einem "tief verwurzelten" Homosexuellen nun nachdrücklich ausreden, Priester zu werden. Gewissenskonflikte sowohl von Beichtvater als auch von Beichtendem sind vorprogrammiert: Wird da nicht das Bußsakrament zur hochnotpeinlichen Befragung degradiert?

Allein solch skizzierte Fragestellungen deuten an, wie kritisch die römische Instruktion zu bewerten ist. Doch es geht um mehr: Aufs Neue beschäftigt sich Rom mit Sex-Problemen statt mit einem der größten Brocken, nämlich der Priester-Frage. Dass auch hierzulande die fatale Priesternachwuchs-Lage unübersehbar ist, hat viel weniger mit oft beschworener "Säkularisierung" oder beklagter "Verweltlichung" der katholischen Kirche zu tun, als die Bewahrer eines durchs ii. Vatikanum nur scheinbar überwundenen Kirchenverständnisses glauben machen wollen. Der Pastoraltheologe Rainer Bucher hat kürzlich in der Konzils-Serie der Furche konstatiert, dass die nachkonziliare Kirche ein fundamentales Problem mit dem Weihepriestertum hat - sprich: Aus dem Aufbruch des Konzils sind keine neuen Ansätze und Modelle, welche geweihten Priester diese Kirche braucht, erwachsen.

Bei der im Oktober in Rom abgehaltenen Bischofssynode meinte etwa der venezianische Kardinal Angelo Scola, dass es kein "Recht" auf Eucharistie gebe. Solch "ideologische" Rede ist typisch für den kirchlichen Zeitgeist: Den Gemeinden, die mit dramatisch weniger und dramatisch älteren Priestern auskommen müssen, wird immer öfter die Eucharistie vorenthalten, also das, woraus katholische Christen ihre Kraft schöpfen sollten. Aber anstatt gegen diese seit langem heraufdräuende Misere anzukämpfen, geht es wieder einmal um Nachschau unter der Gürtellinie: Natürlich sind sowohl der Zölibat als auch ein verantworteter Umgang mit Sexualität ein Thema für die Kirche und ihre Priester.

Dennoch verdichtet sich erneut der Eindruck: Nicht an der spirituellen Not, sondern an der Oberfläche oder an Folgeproblemen dieser Situation wird herumgedoktert. Christinnen und Christen brauchen Priester, um Eucharistie zu feiern, sowie als geistliche Leiter und Begleiter. Sie brauchen aber sicher keine eucharistischen Verwaltungsbeamten, die von Gottesdienst zu Gottesdienst hetzen müssen, weil dieser Kirche die Kraft fehlt, bei der Rekrutierung und der Positionierung ihres (spirituellen) Führungspersonals Neues zu wagen. Ideen dazu liegen bekanntlich seit Jahren auf dem Tisch.

Am 8. Dezember vor 40 Jahren endete das ii. Vatikanum. Kein gutes Zeichen, dass zu solchem Jubiläum die katholische Kirche einmal mehr mit der Abwehr von Sex im Gerede ist, statt mit neuen Konzepten, wie sie für die Seelen ihrer Gläubigen sorgen will.

otto.friedrich@furche.at

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