Werbung
Werbung
Werbung

Selbst wenn es manche nicht wahrhaben wollen: Nicht nur in Deutschland, sondern auch hierzulande ist die Auseinandersetzung mit der extremen Rechten ein Thema.

Es war noch Fasching - pardon: Karneval, als Edmund Stoiber seine Getreuen auf den Aschermittwoch, beim nordwestlichen Nachbarn seit jeher der Tag politischen Rabaukentums, einstimmte: Das "ökonomische Versagen der Regierung Schröder" sei der Nährboden für den Rechtsextremismus in Deutschland. Zuletzt war man beim Nachbarn bekanntlich über den Einzug der npd ins sächsische Landesparlament bestürzt, und die jungen Ewiggestrigen dieser Partei ließen rund ums 60-Jahr-Gedenken an die Befreiung von Auschwitz keinen Zweifel daran, wes Geistes Kind sie sind. Bestürzung lösten aber auch die Arbeitslosenzahlen aus, die dieser Tage in Deutschland die Fünf-Millionen-Grenze überschritten.

Schlichte Geschichtsforscher konnten da fatale Erinnerung instrumentalisieren: Ähnliche Dimensionen an Arbeitslosigkeit seien in der Weimarer Republik der Anfang vom Ende gewesen, der Aufstieg der nsdap sei durch die wirtschaftliche Perspektivenlosigkeit im Zwischenkriegs-Deutschland bedingt worden und so weiter.

Dass Edmund Stoiber ins Boot solcher Vereinfacher gestiegen ist, um politisches Kleingeld zu machen, irritierte in Deutschland die Kommentatoren fast aller Couleur. Der ns-Aufstieg war sicher auch durch die Massenarbeitslosigkeit bestimmt, aber - so beispielsweise Nikolaus Piper in der Süddeutschen - Hitlers Machtübernahme 1933 sei "wegen des Versagens der deutschen Eliten" möglich gewesen und "weil die meisten Deutschen gar keine Demokratie wollten".

Genau ums Verhalten der politischen Eliten geht es aber auch in der gegenwärtigen Rechtsextremismus-Debatte: Stoibers parteipolitisches Kalkül ist daher gefährlich, weil es auf eine simple Schuldzuweisung - Rot-Grün befördere durch seine Wirtschaftspolitik den Rechtsextremismus - setzt und sich nicht in die Mühen einer breiten politischen Konsens-Findung gegen eine Radikalisierung von rechts begibt.

Die entsprechenden Debatten in Deutschland - etwa für und wider ein Verbot der npd - verlaufen mitunter bizarr, aber zeigen, dass Lösungen wie Strategien eben alles andere als simpel sind, und dass jedes politische Hickhack den Radikalen nutzt.

Im Grunde gilt es dabei, die Balance zwischen größtmöglicher Einräumung politischer Freiheit und optimaler Eindämmung des Missbrauchs dieser Freiheit (wie es ndp & Co vorexerzieren) zu halten. Hier zeigt sich auch eine Parallele zur Terrorismus-Debatte, wo es ebenfalls um eine Gratwanderung zwischen dem Erhalt der Freiheit des Individuums sowie der Gesellschaft und dem Schutz beider vor terroristischer Gewalt geht.

Die hier skizzierte politische Befindlichkeit und Diskussion in Deutschland scheint auf den ersten Blick wenig mit der Lage der hiesigen Nation zu tun zu haben: die Arbeitslosenzahlen liegen zwar auch hierzulande exorbitant hoch, aber im Vergleich zu Deutschland ist Österreich ein Musterschüler, und davon, dass ein npd-Pendant in irgendeine relevante Volksvertretung im Land einzieht, ist ebenfalls keine Rede.

Man sollte sich dennoch nicht in Sicherheit wiegen, zumal der Riss zwischen Rechts und Rechtsextrem hierzulande nicht zwischen den Parteien, sondern innerhalb einer Partei verläuft, die sich noch dazu in der Regierung befindet. Man mag Andreas Mölzers Eskapaden abtun, wie Wolfgang Schüssel dieser Tage in der Neuen Zürcher Zeitung ("Das ist nicht das Problem des österreichischen Bundeskanzlers oder gar des österreichischen Volkes"), auch wenn er Mölzers Ablehnung der Auschwitz-Resolution des eu-Parlaments "persönlich für skandalös" hält.

Mölzers Parteiobfrau, Ministerin (!) Ursula Haubner, drückt sich dagegen um eine Kritik an dessen Entgleisungen. Immerhin hat Mölzer auch eine "Mitverantwortung der Republik Österreich" an Auschwitz in Abrede gestellt. Selbst wenn solch politische Rabulistik im Vergleich zu einer Auschwitz-Lüge nur ein Lügerl darstellt: Skandalös ist sie allemal. Und in seinem Wochenblatt Zur Zeit kann Mölzer unbehelligt schwadronieren, dass "das Wort Bomben-Holocaust' im Dresdner Landtag" "politisch und medial wie wüst niedergeknüppelt worden" sei.

Mölzer verteidigt also - trotz mancher Wenn und Aber - die npd-Ungeheuerlichkeiten im Dresdner Landtag und liefert den Beweis, dass hierzulande die Auseinandersetzung mit der extremen Rechten mitnichten beendet ist. otto.friedrich@furche.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung