Reduzierte Statik, fast wie in einem Oratorium

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Der Carinthische Sommer zeigt in diesem Jahr in der Stiftskirche Ossiach die atmosphärisch stimmungsvolle Kirchenoper „Die Geburt des Täufers“ von Jyrki Linjama. Yoshi Oidas Inszenierung des Stücks ist enttäuschend und einfältig, der musikalische Gesamteindruck ist positiv, nicht zuletzt durch die geglückte Besetzungsauswahl.

Es könnte fast das Bild eines alten Meisters sein: Nur bei sanftem Kerzenlicht werden die in kostbare wirkende, goldene Gewänder gehüllten Protagonisten wie Sockelheilige auf fahrbaren Podesten durch den Mittelgang langsam zum Kirchenausgang geschoben. Dieses Schlussbild der diesjährigen Kirchenoper „Die Geburt des Täufers“ erzielt beim Carinthischen Sommer in der Stiftskirche von Ossiach gemeinsam mit den festlich angestimmten Gesängen eine ungemein starke Wirkung.

Handlungsarm und undramatisch

Eine Wirkung, die leider der sonstigen szenischen Umsetzung der Geschichte (Libretto: Matti Kontio, Jussi Tapola sowie der Komponist Jyrki Linjama, nach dem Lukasevangelium, in der Übersetzung von Martin Luther), die von der Verkündigung an Zacharias aber auch an die Jungfrau Maria durch den Erzengel Gabriel sowie von Geburt und Beschneidungsfest von Johannes dem Täufer handelt, fehlt. Denn der besonders auch als Filmschauspieler bekanntgewordene, japanische Theatermagier Yoshi Oida findet zu diesen zugegeben handlungsarmen und undramatischen Begebenheiten keinen anderen Zugang als reduzierte Statik: Fast wie in einem Oratorium wird das Geschehen zwischen einigen Tüchern, Kerzen, auf Podesten (Bühne: Tom Schenk) mit wenigen Ideen, beinahe konzertant gezeigt, nur etwas aufgemotzt durch mit Kugeln jonglierende Statisten, Videoeinspielungen von Heiligenfiguren und bildhaften Ausschnitten aus der Ossiacher Stiftskirche.

Völlig im Gegensatz dazu wirkt bei dieser Uraufführung die Musik von Jyrki Linjama, dem heurigen „Composer in Residence“ des Kärntner Festivals: Fast bis auf den Grund der Seele, so tief, so emotional, so atmosphärisch und dann auch noch so feinnervig sensibel, ja magisch und reich an Farben sind die Klänge, die der 48-jährige Finne in seiner ganz eigenen Musiksprache erschaffen hat. Und er nimmt in seiner ersten Kirchenoper durchaus auch Anleihen an der gesamten Musikgeschichte wie Naturlaute, monotone, aber stimmungsvolle Gregorianik über romantische Klänge bis hin zur fast undurchschaubaren Komplexität der Modernität.

All diese nicht gerade leichten Vorgaben dieses Auftragswerks des Carinthischen Sommers werden von den neun exquisiten Mitgliedern der Wiener Kammerphilharmonie unter dem präzise dirigierenden Claudius Traunfellner wunderbar und ambitioniert erfüllt. Man lässt sich ausdruckstark und feinfühlig auf die atmosphärischen Klänge ein, nimmt sich genügend Zeit und lässt viele Passagen stimmungsvoll ausschwingen.

Zum musikalisch positiven Gesamteindruck kommt noch dazu, dass man bei der Besetzungsauswahl der äußert diffizil zu singenden Partien eine gute Hand gehabt hat: Ursula Langmayr bewältigt die wahnsinnig schweren Intervallsprünge nicht nur, sondern kann der Maria mit ihrem klaren, sicheren Sopran ein hohes Gestaltungsprofil geben. Susannah Haberfeld ist die leidenschaftliche Elisabeth, die ihre beinahe als bluesartig zu bezeichnenden Gesänge mit abgedunkeltem, warmen Mezzo singt. Daniel Johannsen singt den zwischen den Welten wandelnden Erzengel Gabriel, ein stets anwesender Drahtzieher Gottes mit hellem, sicherem Tenor. Daniel Schmutzhard ist ein kraftvoller, schönstimmiger Zacharias.

Erfolg bei Kritik und Publikum

Mit der Produktion der diesjährigen Kirchenoper, die schon über Jahrzehnte hinweg einen erfolgreichen Fixpunkt in der Programmatik des Kärntner Paradefestivals darstellt, konnte Intendant Thomas Daniel Schlee auch heuer wieder einen großen Erfolg bei Kritik und Publikum einfahren. Alle bisherigen Aufführungen waren bestens besucht und wurden von den Zuschauern ausnahmslos bejubelt.

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