Regiekonzept gegen Starkult

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Max Reinhardt und Österreich: Ausstellung im Theatermuseum zeigt die andere Seite einer idealisierten Beziehung.

Ich bin in der vierten Galerie geboren, dort erblickte ich zum ersten Mal das Licht der Bühne." Theatermagier, Pionier des Regietheaters, Schöpfer der Salzburger Festspiele Max Reinhardt (1873-1943) ist heute ein Mythos. Edda Fuhrich erzählt in der Ausstellung über Reinhardt und Österreich die andere Seite einer idealisierten Theater-Geschichte. Eckpfeiler sind zwei Jubiläen: 1924 eröffnete Reinhardt das Theater in der Josefstadt und die renommierte Schauspielerschmiede "Reinhardt-Seminar" feiert ihr 75-jähriges Bestehen.

So ungebrochen wurde Reinhardt zu seiner Zeit nicht rezipiert. In Berlin feierte er als Intendant des Deutschen Theaters mit seiner Idee des Ensemblespiels längst große Erfolge, während Wien mit seinem Starkult diesen faszinierenden Reformer misstrauisch beobachtete. Da kam einer mit einem Regiekonzept, wo man doch Kainz oder Lewinsky an der Burgtheaterrampe deklamieren gewöhnt war. Reinhardts Durchbruch in Österreich gelang erst 1905: Sein legendärer "Sommernachtstraum" war bereits das vierte Gastspiel in Wien.

Konsequent verfolgt die Ausstellung die Wechselbeziehung zwischen Max Reinhardt und Österreich. In Wien wollte man ihn zwar haben, doch nicht unbedingt an den Staatstheatern, dem nationalen Kulturheiligtum; Reinhardt wiederum suchte ein Bühnen-Imperium aufzubauen. Das Theater in der Josefstadt war nicht seine erste Wahl, aber er machte sie zu dieser. Nach dem Vorbild der Comédie francaise ließ er das Haus 1923 umbauen. Mehrere verschieden große Räume, Kabinette, Dekorationen, Gänge und die Venediger Tiepolo-Decke sind Ergebnis seiner Vorstellungen. Analog dazu hat Reinhardt seine Großrauminszenierungen, sein Konzept für die Salzburger Festspiele entwickelt. Mit Salzburg wird eine ganze Stadt zur Bühne und er ist ihr Hausherr.

Bühnenbildner Hans Hoffer hat die Schau gestaltet. Er "inszeniert" die beiden Ausstellungsräume und stellt die klassische Bühne dem Freilichtraum gegenüber. Regiebücher, Bühnenbild- und Kostümentwürfe, Fotos und Kritiken geben ein anschauliches Bild von Reinhardts tiefer Bewunderung für den Schauspieler und seiner Theaterarbeit in Österreich ab 1890. Am 5. Oktober 1937 wurde Franz Werfels "In einer Nacht" in Max Reinhardts Regie uraufgeführt, einen Tag danach verließ er Österreich für immer.

Ambivalenzen

Max Reinhardt und Österreich

Österreichisches Theatermuseum

Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien

Bis 19. 9. Di-So 10-18 Uhr

Begleitbuch, hrsg. von Edda Fuhrich,

Ulrike Dembski und Angela Eder

Christian Brandstätter Verlag,

Wien 2004, 192 Seiten,

geb., 150 Abb., e 41,-

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