Reise der Herausforderungen

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Benedikt XVI. kommt in eine von Misstrauen und Konflikten zerrüttete Region. Stimmen aus Israel und den palästinensischen Gebieten zur Papstreise.

In vielerlei Hinsicht ist Benedikts XVI. Reise nach Jordanien, Israel und in die palästinensischen Gebiete vom 8. bis 15. Mai eine seiner größten Herausforderungen als Oberhaupt der katholischen Kirche, die sein diplomatisches Geschick und seinen Mut zum Dialog, in einer von Konflikt und Misstrauen zerrütteten Region, auf die Probe stellen wird.

Während seines Aufenthalts in Israel und den palästinensischen Gebieten wird er Jerusalem, Bethlehem, und Nazareth besuchen, mit den Gläubigen des Landes Messen feiern und führenden Persönlichkeiten unterschiedlicher Kirchen und Religionsgemeinschaften begegnen. Seine Botschaft des Friedens und der Hoffnung folgt Zerwürfnissen zwischen Judentum und der katholischen Kirche. Die Aufhebung der Exkommunikation Bischof Williamsons, die wegen dessen Leugnung der Schoa Christen und Juden weltweit empörte, soll aber nicht Inhalt seines Besuches werden.

"Man kann sich über die Beziehungen zum Vatikan unendlich beklagen, aber er kommt mit einer Botschaft des Friedens. Ein ägyptischer Präsident Hosni Mubarak hat bis heute keinen Schritt auf israelischen Boden gesetzt," bemerkt Christine Sakakibara, Aktivistin der christlichen Narkis Street Gemeinde in Jerusalem. Sie schätzt seinen Besuch in Nazareth als ein "kühnes Zeichen" seiner Unterstützung der israelisch-palästinensischen Christen ein.

Ein "kühnes Zeichen" in Nazareth

Den Besuch von Nazareth hält sie für besonders wichtig, weil er die Spannungen zwischen Christen und Muslimen entschärfen könnte: "Die israelischen Behörden haben den provokativen Bau einer Moschee neben der Verkündigungsbasilika vereitelt", erklärt sie. "Der Papst hat nun die Chance, dem Zerwürfnis zwischen den christlichen und muslimischen Gemeinden von Nazareth ein Zeichen der Freundschaft entgegenzusetzen und die Bedeutung der Stadt für Christen aller Konfessionen zu unterstreichen."

Sakakibara, welche vor rund dreißig Jahren nach Israel eingewandert ist, hofft, dass Versuche extremistischer Elemente, den Papstbesuch für ihre Zwecke zu missbrauchen, aufgehalten werden können: "Die Sicherheit des Papstes und der Pilger ist eine riesige Herausforderung für die israelischen Sicherheitskräfte. Extremisten werden versuchen, Israels Bemühungen zu untergraben."

Rabbiner Ron Kronish, Direktor des Interreligiösen Koordinationsrats in Israel, versteht den Besuch des Papstes als eine Geste des guten Willens und der Versöhnung mit dem Judentum3: "Aus jüdischer Sicht kommt er, um jüngste Zwiespälte hinter sich zu lassen. Er kommt nicht, um diese Geschichten aufzurollen, sondern um sich versöhnlich zu zeigen."

"Er glaubt fest an den Frieden und an die Zwei-Staaten-Lösung, und steht für sämtliche Annäherungsbestrebungen der Konfliktparteien ein", erklärt Kronish. "Er wird uns zeigen, dass er christlich-jüdische Beziehungen fördert, und dass er die Bedeutung des Landes für das jüdische Volk zu würdigen weiß."

Die Erwartungen der palästinensischen Bevölkerung sind von Skepsis geprägt. Alex Awad, Dekan des Bible College in Bethlehem, erklärt, dass der Papst einer Gesellschaft begegnet, welche schon viele gebrochene Versprechen erdulden musste. "Es wird ihm sehr schwerfallen, Worte zu finden, die die Palästinenser noch nicht gehört haben."

"Die Bevölkerung hat heute bedeutend weniger Hoffnung als noch vor neun Jahren, als Johannes Paul II. hier war. Vor der zweiten Intifada, dem Krieg im Libanon und den wiederholten militärischen Einfällen in palästinensischen Gebieten waren die Menschen viel optimistischer. Sie sahen einem neuen Millennium entgegen, und Johannes Paul II. wusste die Menschen zu begeistern."

Weniger Hoffnung als bei Johannes Paul II.

Awad sieht den Besuch des Papstes als ein Zeichen, welches weit über die Grenzen Israels hinaus wirkt und Christen aller Welt zur Pilgerfahrt ermutigt. "Christen sind eine kleine Minderheit im Heiligen Land. Sein Besuch ist ein Zeichen seiner Solidarität, und wird diese kleine Gemeinde beleben."

Auch für Muslime ist dieser Besuch, seiner Meinung nach, von Bedeutung. "Er muss zeigen, dass er den Muslimen mit offenem Herzen gegenübersteht, und er kann vergangene Fehler wiedergutmachen, indem er für das friedliche Zusammenleben aller drei monotheistischen Religionen im Heiligen Land einsteht. Er wird sich, gegenüber Juden und Muslimen aller Welt, als großzügiges Oberhaupt zeigen", beteuert Awad optimistisch.

Obwohl sich Benedikts Besuch im Heiligen Land nicht explizit der politischen Situation widmet, baut Awad auf klare Worte: "Ich hoffe, dass er den Mut haben wird, das Böse in diesem Land beim Namen zu nennen. Damit meine ich die jüdische Besiedlung der besetzten Gebiete und die Mauer, aber auch den schrecklichen Raketenbeschuss, dem israelische Zivilisten täglich ausgesetzt sind."

Salim, ein Taxifahrer in Bethlehem, kommentiert den Papstbesuch in seiner Heimatstadt mit nüchterner Sachlichkeit: "Jetzt bauen sie hier herum neue Straßen und Kreisverkehre. Er soll doch bitte jedes Jahr kommen, dann geht hier auch einmal was weiter."

* Der Autor ist Mitarbeiter der israelischen Tageszeitung "Haaretz"

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