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Zum 200. Todestag des Denkers und Dichters Johann Gottfried Herder am 18. Dezember.

Für Goethe war es die entscheidende Begegnung seiner Jugend, und wahrscheinlich war der grüblerische Johann Gottfried Herder, der seiner Gelehrsamkeit müde ist, auch noch das Vorbild für Goethes Faust-Figur. Für Herder bedeutete das, auf die Rolle des genialen Vermittlers und Anregers reduziert zu werden. Dabei hat dieser Denker und Dichter im Rock des Weimarer Generalsuperintendenten, der das klassizistische Kulturgebaren der Dichterfürsten Goethe und Schiller als "Gleichgültigkeit gegen die Menschen" kritisierte und sich als Aufklärer gegen Fortschrittsoptimismus und rationalistische Engführung der Aufklärung wandte, auch selbst einiges zu sagen.

Von seinen Schriften, die meist Fragmente geblieben sind, ist heute vielleicht die preisgekrönte "Abhandlung über den Ursprung der Sprache" am leichtesten zu lesen. Für Herder war "die Sprache dem Menschen so wesentlich als - er ein Mensch ist". Er kritisierte die Versuche der damaligen Zeit, die Sprache unmittelbar von Gott herzuleiten wie die Auffassung, sie habe sich aus den tierischen Lauten entwickelt. Herder erklärt die Sprache aus der menschlichen Vernunft: "Der Mensch, in den Zustand von Besonnenheit gesetzt, der ihm eigen ist, und diese Besonnenheit (Reflexion) zum erstenmal frei würkend, hat Sprache erfunden."

Zeit seines Lebens hat Herder für Humanität gestritten. Und dabei dachte er ganz und gar nicht eurozentrisch, sondern war überzeugt: "Wir können nicht glücklich oder ganz würdig und moralisch gut sein, solange zum Beispiel ein Sklave durch Schuld der Menschen unglücklich ist: denn die Laster und bösen Gewohnheiten, die ihn unglücklich machen, wirken auch auf uns oder kommen von uns her." Provokant formulierte der ausgebildete Theologe: Humanität ist der Zweck der Menschennatur, und Gott hat unserem Geschlecht zu diesem Zweck sein eigenes Schicksal in die Hände gegeben."

Herder, der im ostpreussischen Städtchen Mohrungen geboren ist, in Königsberg bei Kant studierte und in Riga als glänzender Prediger viele Zuhörer fesselte, hatte immer einen genauen und detailreichen Blick nach Nordosteuropa. Er war überzeugt, dass die slawischen Völker, vor allem auch Russland, kulturell eine bedeutendere Rolle spielen werden; für die Ukraine erhoffte er eine Zukunft als "neues Griechenland". Für Herder waren alle Nationen gleichberechtigt; er verwendet dafür das schöne Bild, dass "jede Nation ihren Mittelpunkt der Glückseligkeit in sich (trage) wie jede Kugel ihren Schwerpunkt".

Herder gab auch die erste internationale Sammlung der Volkspoesie heraus: "Stimmen der Völker in Liedern". Nicht nur lettische und litauische, auch peruanische Lieder machte er damit erstmals im deutschen Sprachraum bekannt.

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