Revolution, Refugees und Rittersleut'

19451960198020002020

Martin Brunnemann als glühender Danton eröffnete die Spielsaison am Schauspielhaus Salzburg. Am Landestheater sorgten Uwe Kröger und Pia Douwes für eine gelungene "Spamalot"-Inszenierung. "Wir sind keine Barbaren!" setzte ein politisches Zeichen.

19451960198020002020

Martin Brunnemann als glühender Danton eröffnete die Spielsaison am Schauspielhaus Salzburg. Am Landestheater sorgten Uwe Kröger und Pia Douwes für eine gelungene "Spamalot"-Inszenierung. "Wir sind keine Barbaren!" setzte ein politisches Zeichen.

Werbung
Werbung
Werbung

Das Salzburger Landestheater und das Schauspielhaus Salzburg haben die Eröffnung ihrer Spielzeit stark unterschiedlich gestaltet: Intendant Carl Philip von Maldeghem setzte auf das turbulente Musical "Monty Python's Spamalot" im Landestheater, Intendant Robert Pienz wählte für das Schauspielhaus Georg Büchners "Dantons Tod".

Dieses Revolutionsdrama Büchners -es spielt in der Spätphase dieses umwälzenden, blutigen Ereignisses 1794 -setzt ein zu einem Zeitpunkt, an dem Danton bereits an den Morden der Jakobiner (das ist der politische Club, der seit 1791 den radikalen Kurs der Französischen Revolution bestimmte und nach Robespierres Hinrichtung 1794 aufgelöst wurde) stark zweifelt. Philosophische Implikationen wie der Determinismus führen Danton zu seinem Geschichtsfatalismus, der mit der persönlichen Verantwortung den Sinn der Revolution in Frage stellt: "Wir haben nicht die Revolution, sondern die Revolution hat uns gemacht ... Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen". Danton versäumt es, siegessicher und der gewalttätigen Gebärde überdrüssig, sich gegen den Tugendfanatiker Robespierre zu schützen und zu wehren: "Sie werden's nicht wagen". Dantons Kopf rollte dennoch.

Ein brisanter Abend

In dieser Inszenierung von Maya Franke ist nicht immer zu unterscheiden, wer zu welcher Fraktion der bereits aufgesplitterten Revolution und ihrer selbsternannten Institutionen gehört. Zudem jagt die Regisseurin das Personal über die Treppchen und Ebenen dieses Stahlgerüsts (Bühne: Vincent Mesnaritsch). Der Lärm, der dabei im Metallgestänge entsteht, und zeitweise auch die musikalische Begleitung machen dabei manche Textpassagen unverständlich.

Die Dramaturgie (Theresa Taudes, Christoph Batscheider) hat das Stück auf knapp zwei Stunden gekürzt, Personen gestrichen und dankenswerterweise die starke Sprache Büchners belassen. Für Einleitung und Schluss spricht Marion, eine Grisette, eine Textpassage aus einem Stück des Schweizer Autors Gerhard Meister von 2013. Susanne Mende gibt diesen Part, der als spielbegleitende Figur gelegentlich mit der Eindringlichkeit eines Todesengels aufgewertet wurde.

Martin Brunnemann ist der immer glühende Danton, der sich in seinen Ausbrüchen steigert, seinen trocken-eiskalten Gegenspieler, den unbestechlichen Robespierre, gibt Olaf Salzer, dem man sofort glaubt, dass "Tugend durch Schrecken herrschen" müsse. In den übrigen Rollen sieht man die olympische Triathletin Kristina Kahlert (Dantons Gattin Julie), Alexandra Sagurna (Desmolins Frau Lucile) sowie Matthias Hinz als Saint Just. Ein interessanter und brisanter Abend zum Saisonbeginn.

Thematisch, zunächst weit entfernt scheinend, schließt an das Büchnersche Drama die erste Premiere in den Kammerspielen des Landestheaters "Wir sind keine Barbaren!" von Philipp Löhle an. Denn "Dantons Tod" wie das Stück von Löhle haben beide im Vorderund Hintergrund "das Volk" oder den "Heimatchor": Der Revolution aus dem Volk, angeführt von den Juristen Danton, Robespierre und Saint Just, entspricht der "Heimatchor", der an die Abgeschlossenheit der Nation appelliert und sagt: "Wir" sind im Recht.

Thema von "Wir sind keine Barbaren!" ist die Aufnahme eines dunkelhäutigen Flüchtlings in einem Privathaushalt. Der Mann tritt nie auf, ist aber dann allgegenwärtig: Eine Konfrontation zwischen Gutmenschen und jenen, die um ihre Sicherheit besorgt sind und den Schwerpunkt auf ihre Abgeschlossenheit legen. Der Fremde wird schließlich des Mordes an seiner Gönnerin Barbara verdächtigt, die ihn aufgenommen und engagiert bis zum Koitus betreut hat. Die Schwester der Ermordeten - in der Doppelrolle eine aufregend "echte" Britta Bayer als Barbara und dann als ihre analytisch bohrende Schwester Anna - vermag den Mord an Barbara deren Mann Mario anzulasten. Die "Wir"-Fraktion verkörpern in Claus Trögers Regie Hanna Kastner und Gregor Weisgerber (als Geschwister Linda und Paul), die gegen die Nachbarn nichts, wohl aber alles gegen den schwarzen Mitbewohner von Barbara und Mario (in der undankbaren Rolle Axel Meinhardt) haben.

Der Text von Philipp Löhle malt eher schwarz-weiß, schablonenhaft, auf einen "Boboismus" zielend; da hätte man vielleicht im Dienst der Sache und des Stücks noch einmal darüber bürsten müssen. Dennoch: Das Engagement des Theaters für Flüchtlinge ist beispielgebend.

Witzig und gelungen

Mit "Monty Python's Spamalot" von Eric Idle und John Du Prez hat das Landestheater seine Spielzeit eröffnet. Monty Python-Fans finden alles, was ihr Herz begehrt. Basierend auf dem Film "Die Ritter von der Kokosnuss", der seinerseits die Ritterfilme parodiert, läuft auf der Suche nach dem heiligen Gral schließlich alles auf den Evergreen "Always look on the bright side of life!" aus "Das Leben des Brian" hinaus. Die witzigste Passage ist wohl gleich zu Beginn zu hören: da wird überlegt, wie die Kokosnuss aus dem warmen Afrika in das kalte England kam. Haben etwa zwei Schwalben sie dorthin transportiert, damit der treue Diener Patsy seinem König Artus ohne Pferd den Hufschlag mit den Schalen der Kokosnuss imitieren kann?

However: Mit Uwe Kröger als König Artus und Pia Douwes als Fee aus dem See konnte in der Inszenierung von Andreas Gergen nichts schiefgehen, dazu der Spötter Sascha Oskar Weis, Axel Meinhardt als Bedevere, Marco Dott in vielen Rollen sowie das Musical-Ensemble (Choreographie Kim Duddy), das Mozarteumorchester unter Peter Ewaldt und der Chor des Theaters - ein gelungener Abend, der auch entsprechend bedankt wurde.

Monty Phython's Spamalot

Landestheater Salzburg, 2., 11. Okt.

Wir sind keine Barbaren!

Landestheater Salzburg, 3., 9. Okt.

Dantons Tod

Schauspielhaus Salzburg, 4., 7. Okt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung