Richter setzen sich zur Wehr

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Die Richterschaft setzt sich gegen die Angriffe der FPÖ auf die Justiz zur Wehr und unterstreichen ihre Unabhängigkeit. Rund 1.300 Richter und Staatsanwälte - das sind mehr als zwei Drittel von insgesamt 1.800 - haben bis Montag dieser Woche einen Offenen Brief unterschrieben. Darin werden "Versuche, die Justiz der Politik dienstbar zu machen" entschieden zurückgewiesen und "Alle Repräsentanten dieser Republik" aufgefordert, dies auch zu tun.

"Unabhängigkeit und Gewaltentrennung sind in Gefahr, wenn mit unverhohlenem politischem Druck auf laufende Verfahren Einfluss genommen werden soll", warnen die Unterzeichner. "In letzter Zeit gemachte öffentliche Äußerungen führender Politiker über die Justiz" würden den Eindruck erwecken, "dass Bekenntnisse zur Unabhängigkeit der Rechtsprechung oft nur Lippenbekenntnisse sind". Ausdrücklich wird unterstrichen: "Die Justiz dient nicht persönlichen Interessen, sondern der Durchsetzung des Rechts ohne Ansehen der Person." Die Aktion solle deutlich machen, dass die Justiz nicht von der Politik abhängig sei.

und dass es sich "prominente Beschuldigte nicht richten könnten", betonten die Initiatoren gegenüber der APA. Von ihren Kollegen wurden sie in dem "historisch einzigartigen Vorgang" unerwartet stark unterstützt. Binnen einer Woche waren 1.300 Unterschriften quer durch Österreich zusammen. Gehofft hatte man, im Jänner vielleicht auf 1.000 Unterstützer zu kommen. Schließlich sind Richter bekannt zurückhaltend mit solch öffentlichen Erklärungen.

Auf der Liste finden sich Richter bzw. Senatspräsidenten vom Obersten Gerichtshof, den vier Oberlandesgerichten, allen 18 Landesgerichten, Handelsgericht, Arbeits- und Sozialgericht und Jugendgericht Wien und einem guten Teil der 192 Bezirksgerichte. Auch Präsidenten und Vizepräsidenten (z.B. aller fünf Wiener Gerichtshöfe oder OGH-Vizepräsident Konrad Brustbauer) haben unterschrieben, die Generalprokuratur fast vollständig und Mitarbeiter aller Staatsanwaltschaften; die Oberstaatsanwaltschaften sind noch spärlich zu finden, sie wurden - wie auch der Verwaltungsgerichtshof - erst sehr spät kontaktiert. Auch rund 100 Kollegen vom Unabhängigen Bundesasylsenat und den Unabhängigen Verwaltungssenaten zeigten sich solidarisch.

Unterschrieben hat auch der Chef des von der FPÖ angegriffenen Spitzelaffäre-Staatsanwalts Michael Klackl, StA Wien-Leiter Erich Wetzer. Seitens der Betroffenen haben bisher Untersuchungsrichter Stefan Erdei und Staatsanwalt Dieter Fasching unterzeichnet.

Die Aktion kam zustande, ehe Justizminister Dieter Böhmdorfer, Richter-Präsidentin Barbara Helige, und Staatsanwälte-Präsident Friedrich Matousek ihren Gesprächstermin vereinbarten und vergangenen Freitag gemeinsam eine Grundsatzerklärung abgaben.

Helige - die selbst auch unterschrieben hat, aber nicht zu den Initiatoren zählt - zeigte sich gegenüber der APA erfreut, "dass dermaßen vielen Richterinnen und Richtern diese Thematik nahe geht".

Sie gratulierte den Organisatoren. An Vergleichbares kann sie sich nicht erinnern.

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