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Die Seefestspiele Mörbisch überraschen mit einer stimmigen und zeitgemäßen Deutung der "Csárdásfürstin".

Geradezu ein Rollentausch zwischen "Metropole" und "Provinz": In Wien wäre diese "Csárdásfürstin" gnadenlos ausgebuht worden. Zu progressiv. Regietheater pur. In Mörbisch jedoch nahm das Publikum die Deutung der Operette von Emmerich Kálmán durch den hier als Regisseur tätigen Helmuth Lohner mit dem gewohnten rhythmischen Schlussklatschen begeistert auf. Versteckt hinter traditioneller optischer Opulenz - von historischen Kostümen bis zu riesigen Ballettensembles - und vom Seefestspiel-Intendanten Harald Serafin angepriesen als "klassische, urösterreichische Musikgattung, wie sie von ihren Komponisten gedacht war", wurde der Operette in Gestalt der "Csárdásfürstin" eine stimmige und zeitgemäße Präsentation zuteil, wie man sie in Mörbisch nie und nimmer vermuten würde. Chapeau!

Freilich ging Lohner nicht so weit wie etwa Peter Konwitschny, der seine epochale Dresdner "Csárdásfürstin" direkt in die Schützengräben des Ersten Weltkrieges verlegte, doch den Krieg hat Lohner in die 1915 uraufgeführte Operette doch hineingetragen. Während der Ouvertüre - es dirigiert altmeisterlich Rudolf Bibl - schleppen sich Flüchtlinge und verwundete Soldaten über die dunkle Bühne. Der Lebemann Feri-Bacsi (Frigyes Harsányi) fungiert als Erzähler, der inmitten des Elends eine Geschichte aus der guten alten Zeit wiedererstehen lässt: Die Geschichte des Fürstensprosses Edwin (Wolfgang Schwaninger) und der Chansonette Sylva Varescu (Vera Schoenenberg), die ihre feurige Liebe gegen den Standesdünkel der in den Untergang walzertanzenden Monarchie behaupten müssen.

Am Ende - auch das ist Lohner und nicht Kalmán - besteigen sie einen Ozeanriesen, der sie, kurz bevor das große Schlachten die Alte Welt in den Abgrund reißt, in die neue Welt bringen wird. Mit ihnen fahren die anderen jungen Sympathieträger Boni und Stasi (Markus Werba und Kerstin Grotrian). Zurück bleiben der alte Fürst Lippert-Weylersheim (Serafin) und der bornierte Militär Rohnsdorff (Michael Gampe), der sich schon darauf freut, mit seinen Bajonetten am Balkan Csárdás zu tanzen. Es wurde ein Totentanz, wie wir wissen.

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