Romantische Vorstellungen

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Die Studenten des katholischen Bundes "Neuland" wollten die Verbindung von Mensch, Natur und dem einfache Leben künstlerisch neu definieren.

Als wohl wichtigste Jugendbewegung im Österreich der Zwischenkriegszeit wurde 1921 der "Bund Neuland" gegründet. In Anlehnung an die deutsche Jugendbewegung versuchte man in Abkehr von vielen Werten der Elterngeneration eine andere Zukunft zu gestalten. In Ablehnung gegenüber der "Künstlichkeit der modernen Zivilisation" bemühte man sich um die Integration der bodenständigen, bäuerlichen Kultur, man traf sich auf Waldwiesen und Burgruinen zwecks Diskussion und Umsetzung der neuen Ziele. Rauchen war verpönt, getrunken wurde Wasser, das allgemeine "Du" unterstrich den egalitären Anspruch. Waren alle Vorläuferorganisationen aus Sicht der "Neuländer" immer einseitig entweder auf Wissenschaft, Kunst, Politik oder soziale Fragen konzentriert, so sollte die neue Gemeinschaft allumfassend - durchaus im katholischen Sinn - wirken, wie der erste Obmann Rudolf Hauser ausführt: "Es muss doch das Leben irgendwie in seiner Gesamtheit erfasst werden. Wir müssen uns das Verständnis für die großen Zusammenhänge der Dinge erringen und an die Arbeit machen und mitbauen am Palaste der, in der Güte des Gottmenschen erneuerten, Menschheit."

Nicht nur religiös

Innerhalb vom Bund Neuland gab es auch eine starke Gruppe von Malern, die sich diesem Motto in ihrer künstlerischen Arbeit verschrieben. Aus Anlass des hundertsten Geburtstages von Albin Stranig, einem aus dieser Künstlergruppe, zeigt das Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau eine Zusammenstellung von um die hundert Gemälden, Grafiken und Zeichnungen von den beginnenden 30er Jahren bis zu Stranigs Todesjahr 1944. Obwohl der Bund "aus der Mitte der Kirche" eine Neuformung des Menschen anstrebt, überwiegen im Schaffen von Albin Stranig, Werner Berg, Leopold Birstinger, Alexander Silveri, Rudolf Szyszkowitz, Max Weiler und Karl Weiser keineswegs die religiösen Motive. Zwar finden sich die Verkündigung, oder die heilige Familie, der größere Teil widmet sich aber ganz allgemein der menschlichen Figur und der Landschaft. Mit einem Schuss romantischer Weltsicht verstanden als Innerlichkeitsstreben und gleichzeitiger Zurückweisung der nur mehr zur Illustration fähigen Nazarener brauten die Neuländer aus diesen Ingredienzien eine neue Mischung. Die von der Romantik übernommenen Einstellung, nicht bloß eine äußere Natur abzumalen, sondern diese mit der Stimmung während des Schaffensprozesses anzureichern, spricht aus so ziemlich jeder Landschaftsdarstellung in der Ausstellung. Die religiöse Prägung - immerhin waren bei der Gründung die beiden Theologen Michael Pfliegler und Karl Rudolf wichtige Impulsgeber - ließ die Grenzlinie zwischen profaner Darstellung einer Familienszene etwa hin zur "Heiligen Familie" fließend werden.

Betrachten, identifizieren

Den Betrachtern soll ein neuer Blick auf das Evangelium geschenkt werden, die zeitgenössisch dargestellte menschliche Figur bietet dazu die Möglichkeit zur Identifikation. Vielleicht hätte daraus tatsächlich eine länger tragfähige Aufbruchsbewegung werden können, allein die geschichtlichen Ereignisse waren dagegen. "Da ihre Darstellungsform des Menschenbildes von den Nationalsozialisten für deren Zwecke entfremdet wird, kann die Kunst des Bundes nach 1945 keine Ausgangsbasis einer neuen Kunst darstellen. "Gerade deshalb sollte man ihre ernst gemeinten Ideale und Vorstellungen von Freundschaft, Treue, Wahrhaftigkeit, Einfachheit, Allgemeinverständlichkeit und -zugänglichkeit betonen", schreibt Elisabeth Fiedler im hervorragenden Katalogband. So bleibt der Bund Neuland samt seiner Kunst ein abgeschlossenes geschichtliches Ereignis. Fragt sich nur, wie lange wir uns das noch leisten können.

Albin Stranig & Neuland

Werner Berg, Leopold Birstinger, Alexander Silveri, Rudolf Szyszkowitz, Max Weiler, Karl Weiser

Museum Moderner Kunst Wörlen Passau

Bräugasse 17, D-94032 Passau

Bis 10.8. Di-So 10-18 Uhr

Katalog: Scheicher Harald (Hg.), Albin Stranig & Neuland. München 2007, S. 256, € 29,-

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