Roter Teppich für die Zeitgenossen

Werbung
Werbung
Werbung

Das frühere 20er Haus, einst Expo-Pavillon und als Museum der modernen Kunst Vorgänger des MUMOKs, wurde nun als 21er Haus unter der Direktive des Belvederes wieder eröffnet - mit großen Vorhaben und einer vor allem den Raum inszenierenden Eröffnungsausstellung.

"Wer hierher kommt, soll alles finden, was derzeit an Kunst in Österreich passiert.“ So formulierte die Co-Kuratorin des 21er Hauses, Bettina Steinbrügge, ein hoch gestecktes Ziel, als das Museum neben dem im Bau befindlichen neuen Hauptbahnhof Mitte November eröffnet wurde. Einen "umfassenden, profunden Überblick über die zeitgenössische Kunst“ wolle man ab sofort dort geben, wo bis vor elf Jahren die moderne Kunst vorherrschte, bis das Gebäude wegen klima- und bautechnischer Mängel geschlossen wurde und die internationale Moderne im MUMOK eine neue Heimat fand. Das 21er Haus wird sich im regen Ausstellungsbetrieb Wiens eine Nische suchen müssen. Belvedere-Direktorin Agnes Husslein, die das Gebäude nun aus dem Dornröschenschlaf geweckt hat, sieht diese einerseits darin, sich - wie in ihren anderen Häusern - auf österreichische Künstler im internationalen Kontext zu konzentrieren, andererseits, neben dem Raum für Präsentation auch einen für künstlerische Kreation zu bieten.

Parodie auf Repräsentation

Auch das Haus selbst, das von Adolf Krischanitz umgebaut wurde, und das, so Husslein, "einen fast mythischen Stellenwert in der österreichischen Kunstszene hat“, solle Thema sein. "Der Mythos basiert auf Programmatik, Entdeckertum, Unkonventionalität - das möchten wir auch weiterführen.“ Der 1958 für die Weltausstellung in Brüssel konstruierte Bau ist sogar Hauptwerk der ersten Ausstellung des 21er Hauses, "Schöne Aussichten!“. Großzügigst wurden wenige Exponatgruppen in dem Glaskubus verteilt, sodass dieser selbst besonders zur Geltung kommt. Belvedere-rote, riesige Stoffbahnen von Marcus Geiger, die quer durch den Raum und um das Haus gelegt sind, dienen als Parodie auf Repräsentationssymbole, überstrahlt wird der Ausstellungsraum von einer Neon-Spirale von Lucio Fontana. Wie es in einem solchen Glascube in der Nacht aussieht, führt Franz West in einer Installation vor Augen. Die historische Komponente bringt Oswald Oberhubers 1978 kreierter hölzerner Künstlerraum ein. Damals stellte er bekannte Zeitgenossen aus, nun stehen diese für heute vergessene Künstler. Zu Wort kommen Oberhuber und West sowie Elke Krystufek, Heimo Zobernig und viele mehr auch in Interviews von Peter Kogler, die auf Bildschirmen gezeigt werden. Christian Philipp Müller hinterfragt Stereotypen anhand von Fotografien, Sofie Thorsen zeigt ausgeschnittene Spielplätze, Andrea Fraser eine überdrehte Museumsführung auf Video. Mit dem Verkauf eines eigenen T-Shirts von Zobernig will man auf die ökonomische Funktion eines Museums hinweisen, Künstler aufzuwerten.

Heimkehr von Fritz Wotruba

Über die temporäre Ausstellung hinaus beheimatet das 21er Haus ein Kino, ein Kinderatelier und ein Restaurant, 2012 wird die Artothek des Bundes ins 21er Haus übersiedeln. Auch ein Skulpturengarten ist geplant. Außerdem sind 400 Quadratmeter Fritz Wotruba gewidmet, der laut dem Präsidenten der Wotruba-Stiftung, Wilfried Seipel, der "Stachel im Fleisch des Diskurses“ sein solle, es gehe um "die Heimkehr eines österreichischen Künstlers in den großen Verbund einer Museumsgemeinschaft und in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit“.

Dass zeitgenössische Kunst dem Belvedere ein Anliegen ist, ist nicht neu: Interventionen von Künstlern von heute in den ehrwürdigen Räumen des Prinzen Eugen unweit des 21er Hauses wird es auch weiterhin geben, auf die Expositur im Augarten wird jedoch verzichtet. Dieses Haus, dessen Programm zuletzt auf Sparflamme köchelte, wird nun von Francesca Habsburg und ihrer T-B A21 übernommen. Ihr Plan, direkt neben dem 21er Haus den Berliner Kunsthallen-Container aufzustellen, wurde nach Abraten von Statikern ad acta gelegt. Die vorerst für drei Jahre festgelegte Kooperation bezeichnet sie als "für beide Seiten gewinnbringend und als große Chance für meine Sammlung“. Husslein sagt, durch diese sei "gewährleistet, dass Augarten Contemporary innovativ weitergeführt wird“.

Schöne Aussichten!

21er Haus, Arsenalstraße 1, 1030 Wien

bis 8. Jänner 2012, Mi-So 10-18 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung