Rückkehr zu alter Form

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„Oben“ aus dem Hause Disney-Pixar ist ein 3-D-Abenteuer von technischer Perfektion, zeigt aber auch eine sensibel erdachte Geschichte.

Kantig und grantig: Carl Fredricksen, der Protagonist des neuen Disney/Pixar-Abenteuers „Oben“, wirkt wie alles andere als ein Verkaufsargument für das, was man in Hollywood als neue Revolution des Kinos anpreist: 3-D-Filme sollen in Hinkunft den immer ausgefeilteren Heimkinos die Schau stehlen. Denn die dritte Dimension des Sehens, die räumliche Wahrnehmung, sie ist für den Heimgebrauch (noch) nicht verfügbar.

Und dann kommen die Kreativen von Pixar und stellen einen alten Rentner ins Zentrum ihres neuesten Animationsfilms „Oben“. Ein Grantler, der sein Haus nicht und nicht räumen will, obwohl es längst einem Wolkenkratzer hätte weichen sollen. Ein Rentner als Zugpferd für einen Kassenschlager? Die Strategie geht (auch dank eines immensen Werbeaufwands bei den Filmfestivals von Cannes und Venedig) auf: „Oben“ erhielt teils hymnische Kritiken und wurde medienwirksam platziert.

Rentner Carl entpuppt sich dabei als gar nicht so hinderlich: Denn der alte Herr beugt sich keinen Konventionen, bindet sein Haus kurz entschlossen an abertausende Luftballons und fliegt mit ihm ins Amazonas-Gebiet. Dort, wohin er mit seiner bereits verstorbenen Frau schon immer wollte.

Dem Disney-Publikum schuldet man jedoch auch Action: Da ist zunächst ein achtjähriger, dicklicher Pfadfinderjunge, der sich als blinder Passagier mit auf die Flugreise begibt. Später gesellt sich noch ein bunter Vogel (wörtlich gemeint) namens Kevin dazu – und zu dritt bestehen die Reisenden ein bildgewaltiges Abenteuer zwischen wild gewordenen Hunden und einem verschollen geglaubten, verbrecherischen Forscher.

Die eigentliche Attraktion des kindergerechten Filmspaßes soll natürlich die neue digitale 3-D-Technik sein. Partout hat man sie aber so dezent eingesetzt, dass von Effekthascherei hier nicht die Rede sein kann; viele bisherige 3-D-Filme verzichteten zu Gunsten der Zelebrierung des 3-D-Effekts auf eine schlüssige Geschichte. Der Schauwert stand im Vordergrund. Bei „Oben“ hält man sich soweit zurück, dass die neue 3-D-Welt zwar wunderbar plastisch und bunt aussieht, in keiner Einstellung aber übertrieben ausgenutzt wird (Gegenstände werden nicht aufs Publikum geworfen).

Venedig: Preis fürs Lebenswerk

John Lasseter, der Pixar-Chef, der nun auch Boss im Hause Disney ist, wurde gerade in Venedig mit seinem Team für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Er hat einen wichtigen Umstand verstanden, an dem das Gros digital animierter Trickfilme bislang krankte: Vor lauter Eifer über die technische Machbarkeit und die Brillanz der Bilder hat man des Öfteren nur eindimensionale Figuren zu sehen bekommen, die zwar für gagreiche Unterhaltung sorgten, den Charme und Esprit alter 2-D-Klassiker aber nie erreichten. „Oben“ hat diesen Charme neu entdeckt, und das liegt weniger an den dreidimensionalen Bildern als an den sorgfältig gezeichneten Charakteren. Die Wahl eines betagten Grantlers als Helden, der sich im Alter auf das Abenteuer seines Lebens einlässt, bringt dabei die Dimension eines längst verblassten Abenteuergeistes ein. Disney hat in seinen neuen Kleidern endlich wieder zu alter Form gefunden.

Oben – Up

USA 2009. Regie: Pete Docter, Bob Peterson.

Verleih: Disney. 96 Min.

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