Russischer Rock auf Röntgenbildern

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Unter dem Titel "Gegenwind" sprach in einem Investkredit-Porträt ORF-Moderatorin Nadja Mader mit den Dokumentarfilmern Helmut Voitl und Elisabeth Guggenberger.

Wir sind nicht nur zwei Leute, die verklärt zurückblicken", sagt der Dokumentarfilmer Helmut Voitl. Ein Abend voller Erinnerungen liegt hinter ihm und seiner Partnerin Elisabeth Guggenberger: Seit 1968 ist er im Dokumentarfilmbereich tätig, sie stieß fünf Jahre später als Autorin und Aufnahmeleiterin dazu, berührt von seiner Filmserie "Kinder in unserer Umwelt". Diese Serie drehte Voitl im Auftrag des Verbund-Konzerns - um eine bessere, leuchtendere Zukunft mit elektrischem Strom sollte es gehen, doch Voitl ließ Kinder zu Wort kommen, und die stellten fest: Im Wald gefällt es ihnen am besten, doch leider verdrängt der Mensch die Natur immer mehr. "Wir haben die Kinder nicht als Objekte betrachtet, sondern sie so genommen, wie sie waren" - und Kinder einfach reden zu lassen war neu, Anfang der siebziger Jahre.

Elisabeth Guggenberger kehrt gerade zurück von einer Recherche in Russland: Wie russische Rockmusiker unter dem Sowjetregime ihre Musik gelebt haben. Da wurden etwa illegal Schallplatten aus alten Röntgenbildern gepresst und in der ganzen Union vertrieben. Und da war auch die Dokumentation in der Ukraine, in der Geisterstadt Pripjat nahe dem Unglücksreaktor Tschernobyl. In Schutzanzügen hatten sie 1991 gefilmt, begleitet von einem ehemaligen Einwohner der Stadt, der dabei in seiner alten Wohnung zufällig ein Kinderfoto der mittlerweile erkrankten Tochter fand.

Immer wieder ist den beiden starker Widerstand entgegengesetzt worden. Etwa bei dem mehrfach preisgekrönten Projekt "Null Acht Vierzig - Das Spiel des Lebens": Gespräche, die Voitl 1970 mit achtjährigen Kindern führte, setzten die beiden Dokumentarfilmer mit neun Kindern 1974 fort, später 1987, bis zu den letzten Gesprächen 2003: "Oft zieht sich ein Lebensthema' wie ein roter Faden über die Jahrzehnte eines Lebens", berichtet Guggenberger von der berührenden Arbeit.

Filme, die bewegen - das waren die Guggenberger-Voitl-Arbeiten immer wieder. Etwa "Planquadrat", das 1973 begann und ursprünglich ein romantisches Porträt der Hinterhöfe und Biedermeier-Stiegenhäuser des vierten Wiener Gemeindebezirks werden sollte. Aus dem Filmprojekt wurde eine Bürgerinitiative, und daraus entstand ein Gartenhof, ein öffentlich zugänglicher Garten, der bis heute existiert und blüht.

Das letzte Großprojekt hat die beiden weit weg geführt - nach Franz-Josefs-Land, in die Arktis. Bei minus 28 Grad wurde hunderte Stunden gedreht, daraus entstand mehr als zehn Stunden Programm für die Sparten Kinderfilm, Wildlife, Geschichte, und Abenteuer.

"Gegenwind erfahren und Gegenwind machen - das macht uns Spaß", stellt Helmut Voitl fest. Der nächste Gegenwind von den produktiven Filmpartnern wird ein Spielfilm sein, mit einem bereits preisgekrönten Drehbuch - "das soll auch ein kommerzieller Erfolg werden", wagt sich Voitl auf kritisches Terrain.

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