Salzburger Geschäftsmusik

Werbung
Werbung
Werbung

Ich weiß nicht, wer am 26. März 2007 bei dem Liederabend in der Berliner Staatsoper mehr gelitten hat, der Sänger oder das Publikum: Der völlig indisponierte Rolando Villazón sang Schumanns Dichterliebe, und wir, die nicht vor Glück mitzitternden Zuhörer, hatten bei jedem Lied nur die Sorge, dass die Stimme hoffentlich nicht in diesem Moment … jetzt … einen Knacks bekommt. Der mexikanische Tenor konnte einem leid tun. Die weiteren Konzerte der Tournee wurden abgesagt. Eine gute Entscheidung.

Auch Anna Netrebko sagte neulich ein Konzert in Salzburg ab, auch Neil Shicoff kam nicht, schickte aber einen beleidigten Brief, Elïna Garanca blieb auch zuhause - mehrere Sängerinnen und Sänger sagten in den letzten Wochen ihre Festspiel-Auftritte ab. Und lösten ein sonderbares Geschrei aus. Aber es hilft nichts: Wenn ein Mensch krank ist, dann ist er krank. Wenn eine Sängerin einen eitrigen Kehlkopf hat, darf sie nicht singen. Die menschliche Stimme ist keine Hochleistungsmaschine.

In Salzburg empört man sich. Es geht aber nicht darum, ob jemand aus verletzter Eitelkeit absagt bzw. wie verlässlich oder unberechenbar er oder sie ist. Die Absage-Serie ist ein Symptom des Musikgeschäfts: Da haben sich ein paar Sänger übernommen, zu viele Auftritte zugesagt, sich von einer geschäftstüchtigen Agentur zu fragwürdigen open-air-Spektakeln verleiten lassen, die Plattenfirmen und die Medien, ebenso gewinnorientiert, taten das ihre.

Das taten die Salzburger Festspiele dann halt auch. Künftig könnte die Direktion, wenn es ihr um Musik ginge, auf die Starliga verzichten. Man müsste nicht scheinheilig moralisieren und könnte trotzdem die besten Sänger einladen. Das wäre eine gute Entscheidung.

Der Autor arbeitet am Kulturinstitut der Österreichischen Botschaft in Berlin.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung