Scharfschütze der Liebe

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Neil LaButes Einakter-Trilogie „Der große Krieg“: Drei Beziehungsendspiele im Schwarz-Weißen Salon des Wiener Volkstheaters. Seine Arbeiten sind scharfzüngige Abrechnungen mit der amerikanischen Mittelschicht, der „Große Krieg“ aber verharrt in einer klischeehaften Überzeichnung.

„Love is a battlefield“, singt Pat Benatar 1983. Und ein Schlachtfeld der Liebe, sogar drei Schlachtfelder der Liebe beschreibt auch LaBute in seinen Einaktern „Der große Krieg“ / „Die Furien“ / „Was Ernstes“.

Neil LaBute, der amerikanische Erfolgsdramatiker von Theaterstücken wie „Das Maß der Dinge“, „Bash – Stücke der letzten Tage“ oder „Some Girl(s)“ – das 2006 auch am Burgtheater zur Aufführung kam – hat die Minidramen eigens für die deutsche Schauspielerin Birte Schrein verfasst. 2006 am Theater Bonn uraufgeführt, behandeln sie den Kampf der Geschlechter und ihre skurril tragischen Auswüchse. Im intimen Rahmen des Schwarz-Weißen Salons, am Dachboden des Volkstheaters, bringt die junge Regisseurin Katrin Hiller die drei Stücke als österreichische Erstaufführung nach Wien.

Scheidungskampf eines Ehepaars

Im titelgebenden ersten Stück „Der große Krieg“ wird der Scheidungskampf eines gutsituierten Ehepaares (gespielt von Claudia Sabitzer und Patrick O. Beck) zum Stellungskrieg. Erst beim Verteilen der Kriegsbeute stockt der wortgewaltige Schlagabtausch, denn während die Zimmerpflanzen und das gute Porzellan rasch den Besitzer wechseln, will die Kinder niemand so recht haben. Am Ende bricht Sabitzer aus ihrer Rolle aus, um das Spiel auf der Bühne wieder ins politisch-korrekte Licht zu rücken. „Gehen Sie sofort zu Ihren Kindern und sagen Sie ihnen, dass Sie sie lieben“, ruft sie mehrmals ins Publikum.

Im zweiten Stück werden die Scherben einer vergangenen Liebesbeziehung gar nicht erst aufgesammelt, sondern liegen in Papierform verstreut am Tisch. Paula (Angela ÇSmigoc) möchte sich von ihrem Freund Jimmy (Beck) trennen. Der hat zur Verstärkung des bevorstehenden Trennungsgemetzels seine asthmatische Schwester Jamie (Sabitzer) mitgebracht. Paula verkündet ihr baldiges Ableben, vier Wochen geben ihr die Ärzte noch, dann wird „Etwas“ ihren Körper zerfressen haben. Jamie zweifelt an dieser Ankündigung und zum Schluss wird der vermeintlich Sterbenden eine Morddrohung mit auf den Weg gegeben.

„Was Ernstes“ ist das letzte Stück des Abends. Eine namenlose Frau (ÇSmigoc) breitet ihre Beziehungssorgen und -hoffnungen in Monologform vor den Zuschauern aus. Der Angebetete lässt wieder einmal auf sich warten und nicht zum ersten Mal bleibt sie auf der Restaurantrechnung sitzen.

LaButes Arbeiten sind scharfzüngige Abrechnungen mit der amerikanischen Mittelschicht, immer durchzogen von Witz, Wut und Wahnsinn. Schräge Figuren und das Aufzeigen zwischenmenschlicher Abgründe sind dabei seine Spezialität. Der mehrfach ausgezeichnete 46-jährige Drehbuchautor, Theaterschreiber und Filmregisseur lässt seine Geschichten gerne als harmlose Boulevardkomödien beginnen, um sie dann mittels schockierender Wendungen zu spannenden Vexierbildern einer bürgerlichen Wohlstandsgesellschaft umzuformen.

Klischeehafte Überzeichnung

Beim „Großen Krieg“ bleiben diese Umwandlungen aber aus und die drei Stücke verharren in ihrer klischeehaften Überzeichnung an der Oberfläche. Ein Mangel, der durch eine allzu hastige Inszenierung und das facettenarme Spiel der Schauspieler dieser Volkstheaterproduktion noch verstärkt wird. Um die grausamen Wahrheiten hinter der boulevardesken Rahmenhandlung hervortreten zu lassen und um der Bösartigkeit und Doppelmoral der Figuren auf den Grund zu gehen, hätten Text wie Umsetzung mehr Mut und Entschlossenheit gebraucht. So vermittelt LaButes Stück vielmehr den Charme einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung, unterbrochen von kurzen Momenten, die an amerikanische Sitcoms erinnern.

„Am Theater zieht man sich mit einer Gruppe von Schauspielern in einen engen Raum zurück und probt, bis man es richtig macht. Oder bis zur Premiere“, schreibt LaBute im Programmheft über das gemeinsame Arbeiten an Theaterstücken. Im Schwarz-Weißen Salon konnte man an diesem Abend leider nur Letzteres sehen.

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