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Maximilian Schell debütiert als Operettenregisseur im Jubiläumsjahr der Seefestspiele in Mörbisch.

Es ist eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art: die Seefestspiele Mörbisch wurden 1957 von Kammerschauspieler Herbert Alsen gegründet und erlebten unter ihm und seinen Nachfolgern Höhen und Tiefen. Trotz Erweiterung der Kapazität von ehemals 1200 auf 3540 Plätze und trotz immer wieder klingender Solistennamen blieb das Festival einer gewissen Regionalität verhaftet.

Zum "Mekka" ausgebaut

Das änderte sich, als vor 15 Jahren Harald Serafin die Leitung übernahm: In mehreren Stufen ließ er aus- und umbauen, erweiterte nicht nur die Tribüne auf nunmehr 6400 Plätze und schuf eine bis dahin kaum vorhandene Infrastruktur, er verstand es auch durch geschicktes Marketing, Mörbisch zu einem international bekannten Festival, zum "Mekka der Operette" zu machen. Waren es 1993 noch 50.000 Besucher, hat sich seither die Zuschauerzahl mehr als vervierfacht: Um die 220.000 Gäste kommen seit 2002 alljährlich nach Mörbisch.

Das doppelte Jubiläumsjahr (50 Jahre Seefestspiele, 15 Jahre Intendanz Serafin) brachte nicht nur ein reich bebildertes Erinnerungsbuch (erschienen beim Echomedia-Verlag, Wien) sowie erstmals eine TV-Live-Übertragung der Premiere im ORF, sondern auch einen ganz besonderen Besetzungs-Clou: Harald Serafin war es gelungen, Oscar-Preisträger Maximilian Schnell für die Regie und damit für dessen erste Operetten-Inszenierung zu gewinnen.

Schell brachte nicht nur die bekannte Liebes- und Verwechslungsgeschichte der Operette Wiener Blut auf die Bühne, sondern auch ihren zeitlichen Hintergrund, den Wiener Kongress. Dass dabei der Graf Bitowski des Originals zum Fürsten Metternich persönlich mutierte, der beim Ball des zweiten Akts die Staatsmänner anderer Länder marionettengleich dirigiert, hat seinen ironisch hintergründigen Reiz, ebenso wie die mehrmaligen Anspielungen auf den von Elba geflohenen Napoleon.

Operette historisch verortet

Auch der Kontrast zwischen dem "tanzenden" Kongress und den heimkehrenden verwundeten Soldaten wirkt plausibel, der dritte Akt verstört dann aber doch erheblich: Wenn die Hietzinger Remassuri todernst und uncharmant auf einem Friedhof spielt, wo kleine Mausoleen zu intimen Separées umfunktioniert werden und der hymnische Schlussgesang durch Schlachtenlärm unterbrochen wird, dann wirkt der politische Hintergrund und der bis dahin mit erstaunlicher "Leichtigkeit" gehandhabte seriöse Anspruch mit einem Mal verselbständigt und zwanghaft aufgesetzt, die Idee des "Tanzes auf dem Pulverfass" über ein annehmbares Maß hinaus strapaziert.

Die Bühnenausstattung wirkte in diesem Jahr eher spartanisch: eine grau-grüne Hügellandschaft, in der mit nur wenigen Versatzstücken die Schauplätze angedeutet werden - doch Bühnenbildner Rolf Langenfass und Lichtedesigner Friedrich Rom zaubern auch in diesem Ambiente stimmungsvolle Bilder. Außerdem konzentrieren sie die eigentliche Spielfläche, was wiederum dem Regisseur zunutze kam, der nicht die ganze Bühnenbreite bespielen musste.

Vater und Sohn spielen

Ein sympathisch spielfreudiger Graf Zedlau mit Stimmkultur und Textpräsenz war Rainer Trost an der Seite der manierierten Noemi Nadelmann als Gräfin. Der textlich akzentgehandicapten Margareta Klobucar fehlte es an Charme für die Cagliari, ganz im Gegensatz zur temperamentvoll quirligen Pepi von Renée Schüttengruber. Intendantensohn Daniel Serafin stellte einen flotten einstweilen noch etwas polternden Kammerdiener Josef auf die Bühne, sein Vater, der vor, auf und hinter der Bühne allgegenwärtige Harald Serafin selbst einen herrlich in der Rolle aufgehenden Ypsheim-Gindelbach. Über den musikalischen Ablauf wachte mit sicherer Hand Operetten-Urgestein Rudolf Bibl, mit bekannt flotten Tempi und Gespür für die Strauß'schen Weisen.

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