Schleierhafte "Salome"

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Weder Fisch noch Fleisch: "Salome" von Oscar Wilde/Gerhard Rühm im Wiener Akademietheater.

Die Bühne beherrscht ein überdimensioniertes Weinglas, offenbar auch als Symbol dafür gedacht, dass Rausch und Trunkenheit verschiedener Art im Stück eine Hauptrolle spielen. In diesem Gefäß steht dem gefangenen Propheten Jochanaan das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Manchmal lässt er von dort seine Stimme hören, bisweilen klettert er auch heraus. Die Bühne wird dabei nass, aber es bleibt trotzdem ein relativ trockener, spröder Abend. Bei Oscar Wildes "Salome", in einer Nachdichtung Gerhard Rühms, stellt sich im Wiener Akademietheater weder Spannung noch Aufregung ein. Praktisch jeder kennt die Geschichte aus der Oper oder aus der Bibel: Der angeheiterte Herodes gewährt seiner Stieftochter Salome, wenn sie ihn mit dem Tanz der sieben Schleier beglückt, einen beliebigen Wunsch. Sie wünscht sich - in diesem Stück nicht, weil der Prophet ihre Mutter Herodias beleidigt hat, sondern aus einem ganz persönlichen Motiv heraus - das Haupt des Jochanaan. Damit lädt sie aber auch den Zorn des Herodes auf sich, der am Schluss gebietet: "Tötet die Frau."

Im Spannungsfeld dieser vier Personen vollzieht sich das Stück. Die modernen Karrieremenschen gleichenden Nebenfiguren, am auffälligsten, wenn sie im Chor "Cäsar, Cäsar, Cäsar" ausrufen, sind nur Staffage. Doch das Spannungsfeld ist zu schwach. Weder weist die Inszenierung schlüssig in die Gegenwart, mag Regisseur Dimiter Gotscheff auch zu Beginn dem Propheten Kritik an der Globalisierung in den Mund legen, noch wird die schwüle Endzeitstimmung einer morbiden Gesellschaft spürbar. Da mag noch so sehr "die Mondin" als "eine überreizte Frau, die Buhlen sucht", als "eine berauschte Frau" angesprochen werden.

Wolfgang Michael (Herodes) ist ein sehr theatralischer Tetrarch Herodes. Caroline Peters (Salome) wirkt für ihre Rolle ausreichend verrucht und verzogen, ihr Tanz ist keine Enthüllungsszene, sondern ein Bestreichen mit Blut. Seiner Kleider entledigt sich vielmehr Johannes Krisch (Jochanaan), ehe er zur Hinrichtung schreitet. Wie er, steht auch Maria Happel (Herodias) in dieser Inszenierung, bei der auch die Art der Ausstattung schleierhaft wirkt, auf verlorenem Posten.

Alles in allem: weder Fisch noch Fleisch und nicht gerade berauschend.

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