Schmusekurs mit China

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Pünktlich zum 50. Jahrestag der Ausrufung der Volksrepublik China bereinigten die Regierungen in Peking und Washington ihre Differenzen. Für beide Seiten hat die diplomatische Eiszeit, aufgrund der versehentlichen US-Bombardierung der Belgrader chinesischen Botschaft im Zuge des Kosovo-Konflikts, schon viel zu lange gedauert. Chinas Führung braucht keinen außenpolitischen Schatten, der die Feiern zum Roten Oktober trübt. Amerika wiederum läßt keine Gelegenheit aus, China das Gefühl eines gleichberechtigten Partners im Osten zu vermitteln.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich die Rolle Chinas auf der politischen Weltbühne sehr zugunsten des Reichs der Mitte verändert. Die Volksrepublik ist Magnet für ausländische Investitionen geworden und wirkte während der Finanzkrise in Asien als stabilisierender Faktor in der Region. Chinas Revolution der kleinen Schritte in Richtung Marktwirtschaft wird allerorten lobend kommentiert, und es scheint, der Westen ist schon froh, wenn in China nur nicht russische Zustände eintreten.

Doch der außenpolitische Schmusekurs des Westens mit den Pekinger Kommunisten ist nicht risikolos. Zwar wird die Forderung, man müsse China verstärkt in die Staatengemeinschaft einbinden, sowohl in den USA als auch in Europa akzeptiert. Die Frage, welches China dabei heranwächst, bleibt jedoch großteils unbeantwortet. Faktum ist, daß in China die politische Wirklichkeit den wirtschaftlichen Realitäten nicht bloß nachhinkt, sondern in keinster Weise gerecht wird. In Wirtschaftsdingen sollen die Chinesen - dem neuen marktwirtschaftlichen Credo gemäß - risikofreudig sein und den Wechsel lieben. Im politischen Alltag wird ihnen weiterhin der kommunistische Einheitsbrei serviert, garniert mit jenen Machtauswüchsen, die jede Diktatur so verabscheuungswürdig machen.

Allzuleicht erliegen westliche Politiker der Versuchung, beim Anblick positiver Wirtschaftsdaten, den Menschenrechtsindex nach unten zu schrauben. Lackmustest für die politische Glaubwürdigkeit der Volksrepublik bleibt aber der Umgang mit dem chinesischen Volk und dem Nachbarn Taiwan. Und in dieser Hinsicht gibt es am 1. Oktober, nicht wirklich Großartiges zu feiern.

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