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Ich blättere in einem Buch, das "Gott im Dunkeln" heißt und Interviews enthält. Peter Strasser, der Grazer Philosoph, ist immer gut für originelle Formulierungen. Ich bleibe an einer Randbemerkung hängen: "Deshalb ist eine Welt, die das Schöne als lügenhaft bekämpft, ebenso luziferisch wie ein Welt, die in der Moral einen Luxus ... erblickt."

Erstaunt klappe ich das Buch zu. Sollen wir das Wahre, Gute und Schöne aus der bürgerlichen Mottenkiste wieder hervorholen? Haben wir nicht über Jahrzehnte gelernt, dass das Schöne kitschig ist, dass Kunst, die wohl tut, keine Qualität haben kann, dass ein happy end jeden Autor auf Boulevardniveau herunterbringt? Haben wir nicht sogar eingesehen, dass die Gräuel des 20. Jahrhunderts keinen Anlass geboten haben, das Gute und Schöne zur Darstellung zu bringen?

Und nun dieser Satz. Ich lasse verschiedene Ausstellungen von Gegenwartskunst in meiner Erinnerung vorbeiziehen. Das Schöne zeigt sich selten. Hat aber, sinniere ich weiter, die Kunst eine prophetische Funktion, dann muss sie wohl einer saturierten Gesellschaft das Schreckliche und Grausame vor Augen halten, das diese nicht wahrhaben will, muss sie ihr klar machen, dass sie auf einem Vulkan tanzt.

Aber was dann, wenn der Vulkan längst ausgebrochen ist? Um zu sehen, wie ein Völkermord im Sudan inszeniert wird, wie Israelis in die Luft gesprengt, wie Palästinenser massakriert werden, wie man Gefangene im Irak behandelt - bedarf es keiner Kunst. Das Unschöne ist evident, die Medien liefern es bis zur Unerträglichkeit ins Haus. Angesichts dessen ist es eine prophetische Provokation, auf der Wirklichkeit des Schönen zu bestehen. Die Menschen brauchen das mehr denn je, um nicht im Grauen zu ertrinken. Und wer das Gegenteil behauptet, streut nichts als schöne Lügen aus.

Der Autor ist freier Publizist in Wien.

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