Schöne neue Inseratenwelt

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Gegen politisch motivierten Rassismus gibt es wenig Rezepte. Zumindest wenn dieser von einer Parlamentspartei unter die Leute gebracht wird.

Am Höhepunkt der Affäre Marcus Omofuma fanden sich etwa in einigen Tageszeitungen großflächige Inserate der Freiheitlichen Partei Österreichs, die mit "Machtlos gegen 1.000 Nigerianer" übertitelt waren. In diesen Anzeigen wurden Schwarzafrikaner pauschal als Drogendealer dargestellt. Nach der edlen Wortspende der freiheitlichen Abgeordneten Helene Partik-Pable über die Aggressivität von Schwarzen an sich also ein zweiter Mißgriff aus der blauen Rassismuskiste?

Mitnichten der zweite. Schon vor dem tragischen Tod des Marcus O. im Flugzeug inserierte die FPÖ einschlägig Motiviertes. Beispielsweise in der Rechtspostille Zur Zeit, welche von Andreas Mölzer, mittlerweile auch persönlicher Kulturreferent von Kärntens Jörg Haider, herausgebracht wird. In Zur Zeit ließ Hilmar Kabas, FP-Wien-Chef, große Anzeigen gegen die "Inländerfeindlichkeit" von SPÖ und ÖVP anbringen. Das Beispiel dazu: Die Wiener ÖVP habe in einer türkischen Tageszeitung auf Türkisch (!?) ein Inserat geschaltet, in dem sie "zum Ablauf des Ramadan alles Gute, Glück und Erfolg" wünsche. Die FP-Wien schäumte und schrieb in ihrer Zur Zeit-Anzeige: "Statt ... unsere Wertegemeinschaft zu verteidigen ... entdeckt die ÖVP die Moslems als anzusprechende Wählergruppe. Wir Freiheitlichen setzen uns hingegen ohne Wenn und Aber für die Interessen der eingesessenen Wienerinnen und Wiener ein ..."

Letztere FPÖ-Anzeige fiel bislang kaum auf. Sie spricht dennoch für sich. Die Geschichte mit dem Inserat über die Nigerianer, die alle Drogendealer seien, hatte hingegen ein Nachspiel: Die Grünen und das Liberale Forum riefen den Österreichischen Werberat an. Dieser äußerte sich auch - und zwar dahingehend, daß im inkriminierten Inserat "die Diskriminierung einer Gruppe von Menschen in schamloser und nicht akzeptabler Weise erfolgte". Die Kampagne verstoße klar gegenzahlreiche Punkte im Selbstbeschränkungskodex des Österreichischen Werberates. Der Haken dabei: Der Österreichische Werberat ist ausschließlich für Wirtschaftswerbung zuständig; es gibt also keine Sanktionsmöglichkeiten ...

Die Moral obiger Vorgänge: Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Von politischen Parteien wird sie geschätzt und ausgenutzt, von einer bis an den erträglichen Rand. Pech für Nigerianer in Österreich. Pech für Muslime in Wien. Aber wir wollten ja sowieso, daß die Süd- und Ostländer zu Hause bleiben: Denn dort können sie von FPÖ-Inseraten garantiert nicht gedemütigt werden.

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