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Wer in seiner Wohnung nicht auf kahle Wände schauen möchte, der schafft sich Bilder an. Er muss aber darauf achten, dass diese farblich wie motivisch in das Ambiente passen, und dafür sorgen, dass sie möglichst nicht schief hängen. Sonst gerät der erwünschte Blickfang bald zum lästigen Stein des Anstoßes.

Im Gebäude der Sprache geht es nicht viel anders zu. Im grauen Alltag von Konventionen und starrer Rede sucht man nach bunter Abwechslung, nach schmucken Figuren und bildlichem Dekor: Im Fachjargon hat sich für diese Erneuerung des verbalen Inventars der Terminus Metapher eingebürgert.

Betrachtet man das Ausdrucksregister des Deutschen mit der Lupe des Sprachhistorikers, so erweist sich manches vertraute Vokabel als verblasstes Wortbild. Wer denkt bei Gefahrenherd, Hoffnungsstrahl, Dachverband oder Lebensabend noch an die jeweiligen Metaphernspender? Aber auch Phrasen wie Strudel der Ereignisse oder Sturm der Entrüstung, das sprichwörtliche Auge des Gesetzes oder die vielberufenen Schatten der Vergangenheit wurzeln in ursprünglichen Bildern. In der Sprache der Politik mag solche Anschaulichkeit bisweilen eitle Erwartungen wecken. Wenn die Regierung ihr notorisches Sparpaket schnürt, erhofft der naive Optimist vielleicht eine freudige Überraschung - und erlebt eine schöne Bescherung. Wer sich für eine Bilderkette entscheidet, sollte vorsichtig ans Werk gehen, damit aus dem blumigen Ausdruck keine Stilblüte wird, wie im Lustspiel: "Der Zahn der Zeit, der so manche Träne trocknet, wird auch über diese Wunde Gras wachsen lassen."

Die Grenze zur Groteske überschreitet folgende zufällig entdeckte Zeitungsüberschrift: "Friedhofsgebühren laufen Lebenskosten davon". Nimmt man dieses Wettrennen beim Wort, so verdient das Ereignis eine Fernsehübertragung - und zwar live.

Der Autor ist Professor für Sprachwissenschaft in Salzburg.

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