Schreckgespenst Inflation

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Der Ölpreis bestimmt zu einem Drittel die Inflationsrate, davor allein muss man sich aber noch nicht fürchten.

Wie hoch kann er noch steigen - der Ölpreis? Vergangene Woche erreichte der US-Ölpreis ein Rekordhoch von über 135 Dollar. Diesen Montag kam die erleichternde Meldung, dass der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West Texas Intermediate auf 127,10 Dollar gesunken war. Erdöl bzw. dessen Folgeprodukte stehen in Verbindung mit fast allen gehandelten Waren, und sei es nur als Treibstoff für den Lkw, der das Produkt vom Produzenten zum Konsumenten liefert. Steigt nun der Preis des Rohstoffes so werden auch sämtliche damit verbundenen Produkte teurer.

Bereits Anfang des Jahres grassierte in Österreich die Angst vor der großen Inflationswelle, da für den Dezember 2007 eine Teuerungsrate von 3,6 publiziert wurde. Das Wirtschaftsforschungsinstitut vermeldete in seiner letzten Konjunkturprognose im März, dass für die Teuerung zu einem Drittel die hohen Energiepreise und zu einem anderen Drittel die hohen Nahrungsmittelpreise verantwortlich sind. Die Inflation ist also wieder ein Thema, wie auch unlängst der "Economist" titelte: "Inflation's back".

Preistreiber Öl

Der Direktor des Instituts für Höhere Studien, Bernhard Felderer, erklärt im Furche-Gespräch, dass er die Inflation mit pessimistischen Gefühlen betrachtet, denn sie könnte zu so genannten Zweitrundeneffekten führen, wie der Forderungen nach hohen Löhnen. Würden also die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen deutlich über denen des Vorjahres liegen, so könnte dies der Inflationsrate einen ordentlichen Schub verleihen. Was in weiterer Folge die Europäische Zentralbank dazu zwänge, die Zinsen zu senken, um einer Überhitzung der Wirtschaft entgegenzutreten. "Denn nur über die Abschwächung kann das Preisniveau nach unten gebracht werden", ist Felderer überzeugt.

So weit ist es aber noch nicht, und so weit muss es laut dem Wirtschaftsforscher auch nicht kommen, wenn sich mehrere "Player" konstruktiv verhalten. Zunächst dürften die Lohneinkommensbezieher bzw. deren Vertreter in den Gewerkschaften keine überhöhten Forderungen stellen, um die Zweitrundeneffekte nicht einzuleiten. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) dies erkennt, werden die Zinsen unten bleiben. Sollte sich die Inflation aber bei drei Prozent übers Jahr einpendeln, wird die EZB handeln müssen, so Felderer. Und dies würde zu realen Einbußen in der Wirtschaft führen, selbst ein Nullwachstum würde Felderer dann nicht mehr ausschließen.

Zu schnell geschossen

Von den Schnellschussaktionen wie der Anhebung der Pendlerpauschalen oder des Kilometergeldes hält Felderer wenig, vor allem weil diese Maßnahmen Geld aus dem Budget ziehen (ca. 60 Millionen Euro), das für die kommende Steuerreform notwendig gebraucht würde. Langfristig bleiben die Energiekosten hoch, so Felderer, deshalb seien die Erhöhungen der Pendlerpauschalen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was der Staat und die Wirtschaft wirklich brauchen, seien eine Steuerreform, die man spüre. "Es ist hundertmal bewiesen, dass Steuersenkungen, die deutlich ausfallen, einen Belebungseffekt haben."

Auch Markus Marterbauer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hält die Anhebung der Pendlerpauschalen für das falsche Signal aus der Politik. Dies möge zwar kurzfristig für manche eine Linderung der finanziellen Not bedeuten, aber die Politik solle Abstand davon nehmen, die Absiedlung aufs Land und das Pendeln zum Arbeitsplatz zu fördern. Den unteren Einkommensschichten im Land wäre viel mehr geholfen, wenn die Regierung Anreize geschaffen hätte, um alte Ölöfen vor dem Winter auszutauschen. Generell sieht man im Wifo die Inflation nicht als ein Problem für die gesamtwirtschaftliche Preisstabilität an, denn es gäbe laut Marterbauer keine Anzeichen, dass die Löhne steigen werden. Vielmehr sei die Inflation ein soziales Problem. Laut Marterbauer gibt das untere Einkommensviertel in Österreich rund 50 Prozent seiner Ausgaben für die Bereiche Nahrung und Wohnen/Energie (darin ist der Ölpreis enthalten) aus, während das obere Einkommensviertel nur etwa 25 Prozent für diese beiden Kategorien verwendet.

Wettbewerb erhöhen

Welche Maßnahmen kann aber nun die Politik setzen, um den negativen Auswirkungen des hohen Ölpreises entgegenzuwirken. Im Wifo denkt Marterbauer zunächst daran, was die EU tun kann, und hier sofort an die Stärkung des Wettbewerbes zwischen den Erdölfirmen. Langfristig müsse die Abhängigkeit zum Öl verringert werden - wenn dies aber eine stärkere Verlagerung in Richtung Biosprit bedeutet, so sieht der Wirtschaftsforscher dies kritisch, denn oft wird gleich viel Energie für die Erzeugung aufgewendet, wie man bei dessen Einsatz herausbekomme. Dann kommt Marterbauer aber schon zu den strengen technologischen Vorgaben, die verwendet werden sollten. "Gäbe es die entsprechenden technischen Vorschriften, wären wir schon längst beim 3-Liter-Auto."

Dies sieht Friedrich Macher, Vorstand der Rail Cargo Austria, ähnlich. Der technologische Fortschritt werde aber in den kommenden fünf bis zehn Jahren zu keinen radikalen Transporttechnologie-Änderungen kommen, meint er. Öl wird weiterhin als Rohstoff für die Treibstofferzeugung unerlässlich bleiben, um die Mobilität von Gütern und Menschen zu gewährleisten, da gerade für die so genannte erste und letzte Meile noch für eine lange Zeit Lkws und Pkws eingesetzt werden.

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