Schrecklich gut gemeintes Theater

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Das Motto zur Spielzeit 2011/12 des Wiener Volkstheaters lautet "Mut zum Mutigsein“. Die zweite Produktion der noch jungen Spielzeit scheint diesen Absichtserklärungen auf den ersten Blick sehr nahe zu kommen. In "Die Reise“ versammelt die Regisseurin Jacqueline Kornmüller 30 Menschen mit Migrationshintergrund. Aus 285 gecasteten Bewerbern hat sie sie ausgewählt und den fast zweistündigen Abend erarbeitet. Sie kommen aus Somalia, Sierra Leone, Gambia, Afghanistan, Tschetschenien, Iran, dem Kosovo und anderen Krisenregionen der Welt. Nacheinander erzählen sie davon, was sie bewogen hat ihr Land, ihre Familie, den Beruf zu verlassen, sie schildern was ihnen widerfahren ist auf ihrer Reise, die doch meistens eine Flucht war, wie man ihnen hier in Österreich begegnet, wie ihre gegenwärtige Situation aussieht. Die einzelnen Erzählungen werden durch von Musik begleitete Szenen unterbrochen, die wohl das Erlebte in choreographierten Bildern illustrieren sollen.

Obwohl mit der "Reise“ ein brennendes Thema Öffentlichkeit bekommt, ist dieser so gut gemeinte Abend ein Ärgernis. Das Problem dieses Dokumentarprojekts liegt auf mehreren Ebenen. Zum einen fehlt der dramaturgische Bogen - und Kornmüller unterhöhlt durch das szenische Spiel die Authentizität. Schlimmer aber ist, dass Kornmüller eigentlich keine Frage an die Menschen hat, sondern sie einfach erzählen lässt. Die Motive für ihre Emigration könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Was aber haben die Polin, die wegen einer unglücklichen Ehe ihr Land verlassen hat, oder die Studentin der Tourismuswirtschaft aus der Ukraine, die Businessclass nach Wien geflogen ist, mit der Tschetschenin gemeinsam, deren Mann ermordet und die mit zwei kleinen Kindern zu Fuß nach Wien geflohen ist?

Von uninteressant bis kitschig

Zudem ist das, was da zu Gehör gebracht wird, teilweise schlicht uninteressant - wie die Erzählung vom Richter aus dem Kosovo, von dem man doch gerne Genaueres über seine Motive zur Flucht erfahren hätte, als nur, dass es da anstrengend und schwierig war. Ärgerlich ist auch der Kitsch, mit dem so manche Geschichte aufwartet. So die Anekdote vom japanischen Vater, der aus Liebe zur verstorbenen Frau noch immer einen Platz für die Urne sucht, oder die unsägliche Geschichte der Spanierin, die erzählt, wie sie Afrikaner und Afghanen dazu gebracht hat, gemeinsam Fußball zu spielen und das für Integration hält … Das Beste ist noch, dass Ute Bock die Gelegenheit bekommt, um für Unterstützung für ihre Arbeit zu werben.

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