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Eine Ausstellung mittelalterlicher Handschriften des Schottenstiftes.

Seit jeher waren Klöster Orte der Wissensvermittlung. Das Wiener Schottenstift ist dies mit seinem renommierten Gymnasium bis heute, es kann auf eine besonders lange Tradition verweisen. Irische Mönche gründeten den Konvent 1155, sie betrieben die älteste Schreibstube Wiens. Das Stift besitzt wertvolle handgeschriebene Urkunden aus dem Hoch- und Spätmittelalter. Erstmals öffnet es nun seine Archive und zeigt herausragende Exponate aus dem umfassenden Bestand. Besonders faszinierend sind die vielfarbigen Prachtbände mit ihren wunderbaren Initialen, die hohe Kunstfertigkeit und das herausragende Talent einiger Mönche und Äbte beweisen. Die Abschrift des "Commentarius in Clementinas" von Franciscus Zabarella (1360-1417) aus dem 15. Jahrhundert zeigt lesende Mönche, selbst die Perspektiveansicht der Schreibstube findet sich hier mit Deckenbalken auf engstem Raum verewigt. Den Beginn des Matthäusevangeliums gestaltete ein Schottenpater, indem er den Apostel unter die beiden Dreiecke des "M" setzte, am Rand der Seite tanzt ein neckisches Äffchen. In einem Alten Testament aus dem 15. Jahrhundert ließ ein künstlerisch begabter Mönch seinem Talent alle Freiheit: man denkt an eine biblia pauperum, ein Kinderbuch oder ein Comic. Viele große Figuren tummeln sich, ein Engel schwebt drüber, nur noch 12 Zeilen Text finden sich auf der linken, acht auf der rechten Seite.

Nicht nur illustrierte Prachtbände faszinieren. Auch die älteste Bibliotheksordnung Wiens, ein klösterliches Rechnungsbuch mit Ausgaben der "Herrn Prelatten" oder ein Schreiblehrbuch lassen sich studieren. Fünf verschiedene Formen des Großbuchstabens "A" finden sich da, drei Varianten für "B" und großartigste Arabesken für Zierwerk und Ranken. Viele verschiedene Handschriften erkennt das aufmerksame Auge in den Spalten, Vorlieben für dickere oder dünnere Federn zeigen sich ebenso wie die Tatsache, dass mancher Schreiber mit Bleistift zarte Hilfslinien zog. Rote und schwarze Tinte lassen einen Kommentar zu den Psalmen vom Original schnell unterscheiden. Details wie diese geben ebenso wie die schönen Schreibfedern, Tintenfässer und Spitzmesser beredtes Zeugnis einer erlesenen, hohen Schreibkultur.

Die Schreibstube Wiens

Museum im Schottenstift, bis 2. 3. 2003. Mo-Sa: 10.00-17.00 Uhr

So: 14.00-17.00 Uhr, am 24. 12. und 31. 12. von 10.00-14.00 Uhr

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