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"Fräulein Else" mit lauten Zwischentönen im Wiener Theater in der Josefstadt.

Tische und Stühle darstellende Marmorblöcke, auf einem ist die Jahreszahl 1924 erkennbar, ein Konzertflügel und eine hohe, zeitweise als Spiegel dienende Glaswand - in diesem Ambiente spielt die Josefstadt in einer Bühnenfassung und Inszenierung von Anna Maria Krassnigg Fräulein Else. Was Arthur Schnitzler in seiner 1924 veröffentlichten Novelle nur andeutete - dass es um ein schon als Kind vom Vater missbrauchtes Mädchen geht -, streicht diese Aufführung heraus: Der Kunsthändler Dorsday, der sich bereit erklärt, Elses Vater vor dem finanziellen Ruin zu bewahren, wenn sich Else ihm nackt präsentiert, verschmilzt am Ende mit der Vaterfigur. Doch das mit einer Überdosis Veronal den Tod suchende Mädchen gibt weniger ihrem "Papa" als vielmehr den anderen Personen, vor allem ihrer Mutter, die Schuld an ihrem Schicksal. Die Zulasser und Wegschauer sind oft schlimmer als die Täter.

Krassniggs Inszenierung lässt das Publikum keinen üblichen Schnitzler, sondern laute statt leiser Zwischentöne erleben, kein erotisches Knistern, sondern ständige Überflutung mit Text und Bewegung. Elses innerer Monolog drängt schrill an die Öffentlichkeit. Lichtzerhacker, zeitweise kräftige Sounds und wilde Ausbrüche an Gestik und Mimik begleiten die relativ kurze Handlung und ziehen den Abend über Gebühr in die Länge. Dabei entstehen manchmal starke Bilder, etwa wenn Else sich ihren Tod vorstellt und auf der Bühne brennende Grablichter verteilt sind. Doch dann gerät wieder manches ins Lächerliche und erstickt so jede Betroffenheit über das Geschehen.

Bert de Raeymaecker steuert mit Bühnenbild und Licht einen Pluspunkt zu dieser Premiere bei. In den keiner bestimmten Mode nachempfundenen Kostümen von Eva Wandeler sehen die Akteure leider nicht gerade vorteilhaft aus. Maria Köstlinger (Else) müht sich mit großem Einsatz um eine Rolle, die ihr nicht gerade auf den Leib geschrieben ist. In seiner Doppelrolle (Dorsday, Vater) macht Peter Scholz sehr gute Figur. Der zur Pause spärliche, am Ende doch recht lebhafte Premierenapplaus galt auch dem starken Ensemble mit Marianne Nentwich, Ronald Kuste, Therese Lohner und Doina Weber.

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