Schritte eines Unbedachten

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Die Suche nach einem Thema, das sich besonders zum Spiegel der Welt eignet, führte eine Reihe von Filmemachern zur Abwicklung des Lebens. Thomas Heise etwa hielt kürzlich in seiner Doku "Gegenwart" die halbindustriellen Abläufe eines Großkrematoriums fest. Vor zehn Jahren indes gingen Blue Hadaegh und Grover Babcock in "A Certain Kind of Death" auf ein wachsendes Phänomen ein: die Hinterlassenschaft von Menschen, bei denen keine Angehörigen ermittelt werden konnten.

Der Name "Unbedachte" hat sich für sie in Deutschland eingebürgert, wo ausgehend von Köln inzwischen in vielen Großstädten interkonfessionelle Gedenkgottesdienste für jene, die ohne Trauerfeier bestattet wurden, stattfinden -auch unter dem Eindruck, dass die damit befassten Behörden ihre Aufgabe nicht mehr zulänglich, sondern hauptsächlich günstig erfüllten.

Seine geregelten Bahnen verlassen

In diese Richtung zielt auch Uberto Pasolini mit dem feinfühligen Drama "Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit": Der titelgebende Sachbearbeiter (Eddie Marsan) soll eingespart werden, sein hingebungsvoller Dienst an den Toten widerspricht jeder Effizienz. Einen letzten Fall darf der penible Herr, der als lebender Unbedachter selbst farblos durch die Tage wandelt, noch abschließen. Der Verstorbene wohnte im Nebenhaus, in Sichtweite von Mr. May, der seine geregelten Bahnen verlässt, je mehr er sich hineinsteigert.

Was Eddi Marsan in dieser Rolle leistet, ist grandios: Zwischen bescheidener Zufriedenheit und sanfter Traurigkeit geht er durch die Welt wie jemand, der aussieht als ob er im nächsten Moment tief seufzen wird. Im Herzen soll weh tun, was um ihn und mit ihm geschieht. So zurückhaltend wie würdevoll inszeniert, gelingt Pasolini -auf ganzer Länge -ein großer Film.

Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit (Still Life) GB/I 2013. Regie: Uberto Pasolini. Mit Eddie Marsan, Joanne Frogatt. Polyfilm. 92 Min.

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