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Warum ist die Kunstform des Liedes, deren großer Meister Franz Schubert ist, für viele Menschen so unerträglich? Bruno Molls Dokumentarfilm "Schubert und Ich" macht es deutlich: Es ist nicht die Musik, denn die ist großartig. Es sind nicht die Texte, denn die sind nicht minder grandios (Goethe!). Nein, es ist die Stimme, die ausgebildete Gesangstimme, die Kunstlieder zur Qual macht. Jenes Instrument, das Arien von Händel, Mozart oder Donizetti erst zum Hochgenuss macht, wirkt bei einfachen Liedern nur hohl und gekünstelt. In "Schubert und Ich" wird gezeigt, wie der in Wien lebende Pianist und Komponist Marino Formenti Schubert-Lieder mit fünf gesanglichen Laien einstudiert: einem Ökonomen, einer Künstlerin, einem Biophysiker, einem Rapper und einem Musikjournalisten. Mit deren Stimmen wird aus der "holden Kunst" plötzlich wieder etwas Echtes, Authentisches.

Momente der Wahrheit beim Musizieren

Formenti und seine Protagonisten finden nach intensiver Beschäftigung in den Stücken jene Momente der Wahrheit, die im Pathos des Konzertsaals längst verlorengegangen sind. Nebenbei zeigt Molls Dokumentarfilm auch sehr schön, welche intimen und berauschenden Erfahrungen mit Musizieren und Singen verbunden sind, hauptsächlich aber ist er ein Plädoyer für eine zeitgemäße Schubert-Rezeption. Ganz am Schluss ist ein kleiner Ausblick zu sehen, wie den Schubert-Liedern der Aufbruch in neue Zeiten gelingen könnte: Formenti am Piano und der Ökonom am Schlagzeug liefern eine wunderbare jazzige Version eines Liedes ab. Dazu noch eine tolle, ausdrucksstarke Jazz- oder Rockstimme - das wäre eine perfekte Schubert-Interpretation, die Gänsehaut garantiert.

Schubert und ich

Ein musikalisches Projekt von Marino Formenti A 2014. Regie: Bruno Moll. Stadtkino. 91 Min.

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