Schulbischofs Rücktritt

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Helmut Krätzl, Wiener Weihbischof, war mehr als 20 Jahre lang in der Österreichischen Bischofskonferenz für Schulfragen zuständig. Nun hat er als "Schulbischof" das Handtuch geworfen, Auffassungsunterschiede in bezug auf den neuen Lehrplan für die 10- bis 14jährigen seien für seine Entscheidung "mit bestimmend" gewesen.

Kaum war dieser Sachverhalt bekannt, wurde ein Zusammenhang zu Krätzls jüngstem Buch Im Sprung gehemmt vermutet, in dem er - so etwa der Standard - "eine eigenständige Haltung zum zweiten (!) Vatikanum übernommen (!)" habe.

Furche-Lesern ist seit langem bekannt, daß Krätzl zu den engagierten Verfechtern eines Fortschreitens im Geist des Konzils und zu den Kritikern nachkonziliarer Bremsversuche gehört. Sein Buch faßt diese Position zusammen. Aber auch wenn der Rücktritt als Schulbischof mit der Bucherscheinung lediglich zeitlich zusammenfiel: Beide Vorgänge haben doch einiges miteinander zu tun.

Denn Krätzls Eintreten für eine weltzugewandte Kirche im Sinn des Konzils ließ ihn auch für ein Modell des Religionsunterrichtes optieren, das diesem Kirchenbild entspricht: der neue Lehrplan der 10- bis 14jährigen sollte demnach die konkreten Lebens- und Welterfahrungen der Schüler zum Ausgangspunkt haben.

Im übrigen sollen, was kaum bekannt ist, nicht nur der Religionsunterricht, sondern die neuen Lehrpläne aller Fächer für diese Altersstufe von solch "erfahrungsorientiertem" Ansatz ausgehen. Der neue Religionslehrplan stellte also keine kirchliche Extrawurst dar.

In der Kirche Österreichs gibt es Auffassungsunterschiede über dieses grundlegende Konzept des Religionsunterrichtes. Es ist offenes Geheimnis, daß bei den Bischöfen auch hier die Linien zwischen dem liberaleren und dem konservativen Flügel verlaufen - selbst wenn sich die Schulamtsleiter aller Diözesen (gravierende Ausnahme: Wien) mit Krätzl für den neuen Lehrplan aussprachen.

Bischof Krätzls Rücktritt ist ein Zeichen dafür, daß eine andere Kirchenlinie auch den Schulbereich erreicht. Die hier zutage tretenden Positionskämpfe werden die Diskussion um den Religionsunterricht aber kaum im Sinn der Kirche beleben.

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