Schuld und Verdrängung

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Geisterhafte Figuren bevölkerten vom Terrorismusdrama "Die innere Sicherheit" über "Gespenster" bis zu "Yella" immer schon Christian Petzolds Filme. In "Phoenix" lässt er eine Jüdin, die Auschwitz überlebt hat, am Kriegsende nach Berlin zurückkehren. Sie macht sich auf die Suche nach ihrem Mann, findet ihn sogar, doch dieser erkennt sie aufgrund ihrer Gesichtsoperation nicht, möchte aber, dass sie deren Identität annimmt, um an ihr Erbe zu kommen. Krud klingt die Handlung und Petzold legt auch keinen braven historischen Film vor, sondern nähert sich vielmehr im Gewand eines kühnen Mix aus Film noir und Melodram, das sich an Hitchcocks "Vertigo" ebenso orientiert wie an Delmer Daves "Die schwarze Natter" und den Filmen von Douglas Sirk, dem deutschen Trauma schlechthin. Von Beginn an erzeugen die Präzision der Bilder und die Prägnanz der Inszenierung eine Dringlichkeit, die packen und in die Welt dieses Films hineinziehen. Hier gibt es keine Schnörkel, kein Beiwerk. Jede Einstellung hat ihre Funktion, treibt die Handlung weiter. Vertrauen kann Petzold dabei auch auf Nina Hoss, die die verzweifelt liebende KZ- Überlebende zerbrechlich und geisterhaft spielt, und Ronald Zehrfeld, der als ihr skrupelloser Mann einen starken Gegenpol bildet. Immer mehr engt Petzold dabei den Raum ein, verdichtet den Film in einer Kellerwohnung schließlich zu einem klaustrophobischen Kammerspiel über Verdrängung und Schuld, bis zu Kurt Weills Song "Speak Low" die Erinnerung übermächtig hereinbricht.

Phoenix D 2014, Regie: Christian Petzold. Mit Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf. Stadtkino. 98 Min.

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