Schwungvoller Poulenc

Werbung
Werbung
Werbung

"Schweizer Uhrmacher" nannte Strawinsky sarkastisch Maurice Ravel wegen seines die eheliche Treue so köstlich persiflierenden Einakters "L'heure espagnole": Die Geschichte um die Uhrmacherfrau Conception (Natalia Kawalek) und die Wirrnisse um die sie verehrenden Gonzalve (Vladimir Dmitruk), Don Inigo Gomez (Christoph Seidl) und Maultiertreiber Ramiro (Tobias Greenhalgh), während Gatte Torquemada (Julian Henao Gonzalez) wie jeden Donnerstag damit beschäftigt ist, die städtischen Uhren zu stellen. Am Schluss, wie man es von einer Comédie musicale erwartet, findet alles sein gutes Ende: Der Uhrmacher kommt zurück, erkennt die Situation, verkauft beiden Verehrern eine Uhr.

In der Wiener Kammeroper glaubt Regisseur Philipp M. Krenn dem Witz und Charme dieses Ravel mit einer Generalprobenatmosphäre beizukommen. Dabei hätte es genügt, den zahlreichen Pointen dieses Einakters einfach nur subtil nachzuspüren, was aber bei Krenns Konzept vielfach auf der Strecke bleibt.

Mehr Schwung und musikantischen Elan strahlte das zweite, wiederum von den engagierten Mitgliedern des Jungen Ensembles des Theaters an der Wien mit Gan-ya Ben-gur Akselrod als Thérèse und Ben Connor als Le mari realisierte Stück aus: Francis Poulencs "Les mamelles de Tirésias". Krenn lässt diese zweiaktige Opéra-bouffe über den Wechsel der Geschlechter aus surreal-dadaistischer Perspektive auf der Hinterbühne ablaufen, ehe er schließlich zum Ravel'schen Uhrenbühnenbild (Uta Gesina Gruber-Ballehr) zurückführt. Er arbeitet die Turbulenzen dieses Sujets ungleich zwingender heraus als die feinnervige Ironie des Ravel-Einakters. Auch Gelsomino Rocco am Pult des tüchtigen Wiener KammerOrchesters versteht sich auf Poulencs musikantischen Esprit besser als auf Ravels differenzierte musikalische Sprache.

L'heure espagnole/Les mamelles de Tirésias Wiener Kammeroper, 6., 8., 16. Juni

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung