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Die Koinzidenz der Ereignisse gibt zu denken. Kardinal König wird begraben, Karl Rahners 100. Geburtstag und 20. Todestag wird gefeiert. Mel Gibsons blutiger Jesusfilm ist angelaufen und Ulrich Seidls "Jesus, du weißt" kommt nächste Woche ins Kino. Während die spanischen Terroropfer unter frischer Erde ruhen und ermordete albanische Kinder und gelynchte Serben begraben werden, beginnen Frühling und Sommerzeit.

Soll ich die Zeitung abbestellen? Das Fernsehen abmelden? Es würde nichts nützen. Aber das Hinschauen schmerzt. Waren das Zeiten, als Goethe sagen konnte: Da hinten in der Türkei, wo die Völker aufeinanderschlagen! Jetzt wird nebenan geschlagen, geschlachtet, während uns die Friedensstifter abhanden kommen.

Seltsame Tage, an denen das Schreckliche und das Tröstliche, Angst und Hoffnung miteinander so verwoben sind, dass jeder Versuch, den besseren Faden heraus zu ziehen, das ganze Gewebe zertrennt. Die heile Welt wird unaufhörlich gesucht, aber niemals gefunden. Im Gegenteil. Die selbst ernannten Suchtrupps richten eben den Schaden an, den sie beseitigen wollen.

Offenbar muss ich damit leben und mit flüchtigen Erfolgen da und dort zufrieden sein. Nur die Werbung weiß von dauerhaften Paradiesen. Ich übe mich in Realismus, aber damit ist jene Frage nicht zum Schweigen gebracht, die auch die Friedensstifter zuletzt nicht beantworten konnten. Karl Rahner, aufgefordert sich auszumalen, wie er auf die Fragen des Letzten Gerichts antworten würde, kündigte keine Antwort, sondern die Gegenfrage an: Warum das Leid vor der Erlösung?

Vielleicht wissen die alten Menschen besser, wie man mit dieser Frage leben kann, ohne sie zu beantworten. Oder die jungen Toten. Oder die Filmemacher zwischen Blut und Gebet. Seltsame Tage.

Der Autor ist freier Journalist in Wien.

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