Sendewillig und idealistisch

Werbung
Werbung
Werbung

Die dreizehn Freien Radios im Land sind chronisch unterbudgetiert. Trotzdem hat nun ein neuer Sender den Betrieb aufgenommen.

Mit Idealismus kann man viel bewegen. Anders wäre die Existenz der insgesamt 13 Freien Radios in Österreich wohl nicht zu erklären. Denn hinter dem Sendebetrieb solcher unabhängiger Radiostationen, die zumeist lokal senden und eine wichtige demokratiepolitische Funktion haben, steckt nicht selten ehrenamtliche Tätigkeit der Mitarbeiter. Seit genau zehn Jahren senden Freie Radios ihre Programme. Das Wiener Radio Orange hat (zumindest technisch) die größte Reichweite (1,7 Millionen Menschen), aber auch in den Bundesländern erfreuen sich Sender wie „Freies Radio Freistadt“, „Freies Radio Salzkammergut“ oder „Agora“ (Kärnten) steigender Akzeptanz. Seit 25. Oktober sendet Radio B138 im Oberen Kremstal (Oberösterreich) auf der Frequenz 90,4. Der Sender sieht sich als „Ausbildungsradio“, das heißt, dass neben dem offenen Zugang für alle, die Radio machen wollen, auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit Schulen und regionalen Bildungseinrichtungen gesucht wird.

Die Gründung von B138 ist für den Verband Freier Radios Österreich (VFRÖ) Anlass genug, auf die Probleme dieser stark vertretenen, aber von der Politik zu wenig gehörten Mediengattung hinzuweisen. Denn, so meint VFRÖ-Chef Helmut Peissl: „Die verstärkte Anerkennung dieses dritten Rundfunksektors ist europaweit im Trend. Daher wäre es jetzt wichtig, über eine neu gestaltete Medienförderung nachzudenken.“

Freie Radios sind unabhängig, haben eine nichtkommerzielle Ausrichtung und sorgen so für florierende Medienvielfalt im (immer noch) ORF-dominierten Österreich. Die Praxis zeigt: Hinter den meisten Freien Radios liegen magere Jahre. Hatte man 1998, zum Start des Privatradiogesetzes, noch brauchbare Förderungen erhalten, so haben sich diese mit der VP-FP-Koalition beinahe ganz aufgehört. „In Wien sprang damals die Stadt ein, um einen Fortbestand von Radio Orange zu sichern“, so Peissl. Seit dem Kabinett Gusenbauer gibt es wieder breitere Unterstützung, 2007 erfolgte eine Akutfinanzierung von 300.000 Euro für alle Sender. „Und es gab damals das Versprechen der dauerhaften finanziellen Absicherung der Freien Radios“, erinnert sich Peissl. Die Neuwahlen machten diese Pläne jedoch vorzeitig zunichte.

Der ORF „bezahlt“ Radio Agora

Seit Jahren sind die Freien Radios daher auf besagten Idealismus ihrer Mitarbeiter angewiesen. Das Volksgruppenradio Agora in Kärnten beispielsweise startete 1998 mit sieben Mitarbeitern, heute sind es noch vier. Hatte man Anfangs ein Budget von 365.000 Euro, so muss man heute mit 123.000 Euro auskommen. „Das Land Kärnten hat uns leider nie unterstützt“, sagt Angelika Hödl. Seit 2004 geht Agora deshalb einen ganz eigenen Weg: Eine Kooperation ausgerechnet mit dem ORF macht das Überleben möglich. Der ORF strahlt über Agora täglich acht Stunden slowenischsprachiges Programm aus und bezahlt dafür eine Art Miete an Agora. Das ORF-Geld finanziert den Sendebetrieb dieses Privatsenders.

Nicht nur das Budget ist bei Freien Radios ein Problem. Auch die Verteilung der Sendefrequenzen erschwert die Arbeit. Der VFRÖ rechnet aber damit, dass das Gesetz im Bereich der Lizenzvergabe geändert wird, und auch, dass es bald neue Förderungsrichtlinien geben wird: „Wir haben berechnet, dass etwa 15 in Österreich sendende Freie Radios zusammen jährlich sechs Millionen Euro an Budget benötigen würden“, sagt Peissl. Signale für eine Unterstützung will er schon vernommen haben. (Matthias Greuling)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung