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Zum Jahreswechsel auf den Wiener Theaterbühnen.

Silvester-Theater statt Raketen: Während an den christlichen Festtagen, etwa Weihnachten und Karfreitag, den profanen Vergnügungen getrotzt wird, explodieren am heidnischen Feier-Tag Silvester die theatralen Spezialitäten. Wer sind wir, wohin gehen wir und wie kaufen wir uns in diesen Momenten der Übergänge ein bißchen Glück? Diese "Zwischenzeiten" gehören dem Aberglauben und dem Theater, dem Amusement, den rauschenden Festen und der Täuschung, im nächsten Jahr werde gewiß alles anders. Und die Theater verwandeln sich für einen Abend in eine Showbühne. Eine Auswahl der Wiener Silvesterprogramme stellt ganz unterschiedliche Konzepte vor:

Von 16.00 bis 1.00 Uhr spielt die Burg auf ihren sämtlichen Bühnen quasi nonstop. Im Akademietheater fürchtet sich die Band Mnozil Brass, "der Blasmusik jenseits von Gut und Böse", in ihrer Show vor keiner Frage und geht keiner noch so aufwühlenden Antwort aus dem Weg. Allein Entertainment ist der Sinn des Lebens. Aber das Burgtheater feiert das alte Jahr nicht nur gründlich ab, sondern jubiliert schon in die kommenden runden Geburtstage hinein. Der Meister des Kabaretts Fritz Grünbaum hätte im April seinen 125. Geburtstag, dem zahlreiche Inszenierungen und Ausstellungen schon jetzt gedenken. Die beiden Publikumslieblinge Heinz Marecek und Karlheinz Hackl zeigen sich beispielsweise in zwei Sondervorstellungen als Neuauflage der Doppel-Conférencen "Was lachen Sie?" und unterhalten auf Farkas' und Grünbaums nie eingeholtem Kabarettniveau. Aus dem Repertoire steht Franz Wittenbrinks "Mozarts Werke Ges.m.b.H." auf dem Spielplan, der auf zugleich respektlose und -volle Art die amadeische Manie vorwegnimmt.

Das Schauspielhaus Wien nimmt seinen alljährlichen Silvester-Hit mit Paul Capsis' Performance "Boulevard Delirium" über das Showbusiness wieder auf. Und die Gruppe 80 spielt nach zwölf Jahren ihre mittlerweile legendäre Inszenierung von Ernst Jandls "Die Humanisten" heuer zum letzten Mal. Mit dessen brillanten Dialogen blickt das Ensemble in eine ungewisse Zukunft.

Ansonsten dominieren Boulevard und die verschiedensten Ausdrucksformen der Unterhaltungskultur den theatralen Jahresablauf: Die Josefstadt leitet gleich in die Klamaukiaden des Karnevals ein, mit Fritz Muliars Inszenierung von "Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde" darf die Welt bis Ostern wieder ordentlich auf den Kopf gestellt werden. "Theatertäter Thomas Müller" spielt gleich drei Vorstellungen zum Jahresausklang. In einer hyperrealen Playmobil-Landschaft spielt Müller Schillers "Räuber" und Shakespeares "Richard III" nach und erklärt aus kriminalpsychologischer Sicht die Freveltaten der Mörder-Bande und des bekanntesten Schurkenkönigs der Weltliteratur. Mit seiner theatralischen Psychominiatur etabliert Müller eine zukunftsträchtige Variante des Figurentheaters.

Doch ist Silvester erst vorbei, setzt Neujahr die Qualitäts-Latte für 2005 verdammt hoch. Und da ist die Auswahl knapp: "Hader muß weg" im Burgtheater stellt einstweilen noch das konkurrenzlose Highlight.

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