Sinnlich, angsteinflößend, archaisch

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Miquel Barceló, vor allem durch seine Stierkampfbilder bekannt, wird in einer Personale im BA-Kunstforum als höchst wandelbarer Künstler mit Hang zur Vergänglichkeit vorgestellt. Es ist die erste Ausstellung des mallorquinischen Künstlers in Österreich.

Der Großteil der Besucher der Ausstellung von Miquel Barceló wird von ihm höchstens Stierkampfbilder kennen, wie sie um bis zu vier Millionen Dollar verkauft werden. Und der Großteil wird sich möglicherweise fragen, ob die rund achtzig Arbeiten der Schau nicht von verschiedenen Künstlern stammen, so variantenreich ist Barcelós Stil. Gerade das hat ihn für die Ausstellungsmacher interessant gemacht. "Wir wollten eine Schau zur Transvanguardia machen, dessen junger Shootingstar Barceló in den Achtzigerjahren war“, sagt Kurator Florian Steininger im Gespräch mit der FURCHE. "Doch gerade Barceló weist eine so spannende Weiterentwicklung und ein so großes Spektrum auf, dass er sogar mich überrascht hat.“ Der mallorquinische Künstler, der in seiner Heimat und in Paris arbeitet und auf documenta und Biennale Venedig vertreten war, arbeitet nicht nur mit verschiedenen Medien, weshalb sich in der Ausstellung großformatige Gemälde ebenso finden wie Keramiken und Skulpturen. Auch sein Stil ist mannigfaltig, wobei dies nicht unbedingt nur an den Entwicklungsphasen festzumachen ist. So ist eines der eindrucksvollsten und doch einfachsten Bilder jenes von der Wüste in Mali, bei dem er Reiskörner über die Leinwand verstreute, mit dickem Pinsel übermalte und so Schattierungen und ein Flirren der Wüstenlandschaft erschuf, wie er sie Jahre später in minutiöser Arbeit mit feinem Pinsel auf andere Art und Weise herstellte.

Von der Malerei zur Plastik

Überhaupt ist das Haptische Barceló sehr wichtig. Oft treten seine Gegenstände aus den Gemälden heraus. "Er hat einen Drang zum plastischen Gestalten, der ihn von der Malerei zur Plastik führt“, so Steininger.

Barcelós Motive sind vielseitig, oft malt er Gemüse oder Tiere, erstere nur vorderhand strahlend, dann vergehend, letztere leidend und als Lasttiere. Seine Arbeiten sind oft von großer Morbidität, nicht nur weil Lebensmittel, die gerade noch so strahlend und farbenfroh gezeigt wurden, im nächsten Moment vergammeln und somit eine moderne Form von Vanitas-dominierten Stilleben darstellen. Düster sind auch seine Porträts, die sich wie ein Gruselkabinett von den anderen Arbeiten abheben, hier hat er Bekannte Modell sitzen lassen und aus monochromen schwarzen Gemälden mit Bleichmittel Fratzen herausgeholt, deren Züge zu verglimmen scheinen. Bereits verglommen sind die Zündhölzer, nicht nur auf Gemälden, sondern auch in einer an Giacometti gemahnenden Skulptur, die Barceló als Selbstbildnis vorstellte. Die Vergänglichkeit alles Irdischen ist sein großes Thema.

"Gleichzeitig malt Barceló Bilder, die sich leicht erschließen“, sagt Steininger. "Er hat keine verschlüsselten Bildelemente, seine Werke und sein Zugang sind ursprünglich und unmittelbar. Er kann auch sehr witzig sein.“ Einfach und abwechslungsreich präsentiert sich ein Raum voller Fischbildnisse und jener, der unter anderem einen Albinoaffen und einen auf dem Rüssel balancierenden Elefanten zeigt. Abgemagert und ärmlich sehen seine Tiere alle aus, vergänglich wie Gemüse und Obst. Beim Ausgang dann ein Gemälde, das Vulkane oder auch den Meeresgrund zeigen könnte, leicht bedrohlich wirkt es - und dann stellen sich die roten Gebilde als etwas welke Granatäpfel heraus.

"Qualität der feinen Unterschiede“

Barceló überrascht mit seinen mal sinnlichen, flirrenden, mal angsteinflößenden, brutalen, mal archaischen Werken. "Barcelós Malerei ist voller subtiler Gegensätze. Bei allem malerischen Furioso geht es um Nuancen, um die Qualität der feinen Unterschiede, um haarscharf nebeneinanderliegende Stimmungen“, so Kunstforum-Direktorin Ingried Brugger. All diese Vielseitigkeit hat die Ausstellungsmacher des Kunstforums, das oft expressionistische Malerei zeigt, dazu gebracht, dem hiesigen Publikum einen Künstler in vielen Facetten näher bringen zu wollen, den man bisher wenig kennt und der sich nicht schubladisieren lässt.

Miquel Barceló

Bank Austria Kunstforum, Freyung 8, 1010 Wien

bis 10. März, täglich 10-19 Uhr, Fr bis 21 Uhr

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