Sisyphusarbeit an der Kirchenkrise

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Die von Herbert Kohlmaier initiierte „Laieninitiative“ will, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, „auf Konfrontationskurs“ gehen. Was das konkret bedeutet, ist wenig klar. Mit anderen Reformgruppen will man über eine neue Kirchenordnung nachdenken.

Vor gut acht Monaten ist die von Herbert Kohlmaier initiierte „Laieninitiative“ an die Öffentlichkeit gegangen. Damals hatte der ehemaligen VP-Politiker und Volksanwalt Freunde aus seiner Partei mit im Boot: Erhard Busek unterstützte ebenso wie Andreas Khol die Forderungen der „Laieninitiative“, die sich zunächst in vier Punkten konkretisierten: die wegen Eheschließung amtsenthobenen Priester sollen reaktiviert, der Pflichtzölibat der Priester solle abgeschafft, die Weihe von Diakoninnen solle ebenso ermöglicht werden wie die von „viri probati“, also von bewährten verheirateten Männern zu Priestern.

Altbekannte Reform-Forderungen

Keine neuen Wünsche also, sondern ein Teil jener seit den Tagen des II. Vatikanums von Kirchenreformern wieder und wieder erhobenen Forderungen, die bis heute in der Hierarchie und im Vatikan auf taube Ohren stoßen. 11.730 Unterschriften konnte die „Laieninitiative“ sammeln. Vor dem Sommer wurde das den Unterschriften zugrunde liegende Memorandum samt einer Dokumentation von Erfahrungsberichten über die prekäre seelsorgliche Situation in den Pfarren – Stichwort Priestermangel, vereinsamte und überlastete Priester etc. – dem Wiener Kardinal Christoph Schönborn übergeben. Wiewohl dieser den Forderungen seiner Schäfchen nicht nähertrat, übergab er deren Anliegen und Dokumentation der Kleruskongregation in Rom.

Herbert Kohlmaier und die Laieninitiative würdigen dieses Engagement des Kardinals durchaus. Aber, so der Spiritus rector der Initiative bei einem Pressegespräch in Wien, die Bemühungen seinen erfolglos geblieben – weder habe man eine Antwort aus Rom erhalten, ja nicht einmal ein Termin mit dem Nuntius in Wien sei zustande gekommen. Darum habe der Vorstand der „Laieninitiative“ beschlossen, „auf Konfrontationskurs“ zu gehen. Denn die Krise der Kirche sei „dramatisch“, ihr „autoritäres und monokratisches System“ sei „unfähig, die existenzielle Gefahr zu erkennen und gegenzusteuern“.

Was allerdings mit „auf Konfrontationskurs gehen“ im Konkreten bedeutet, fanden die anwesenden Journalisten nicht heraus.

Diesmal hatten sich mit Kohlmaier aber keine Politiker am Podium versammelt, sondern Vertreter von drei weiteren Kirchenreformbewegungen: Hans Peter Hurka von der Kirchenvolks-Begehrer-Plattform „Wir sind Kirche“ forderte Menschenrechte in der Kirche ein, der erkrankte Helmut Schüller von der „Pfarrerinitiative“ bekräftigte in einem schriftlichen Statement, dass die „bedrückend gewordene Situation der Seelsorge“ der Abhilfe bedarf. Und Richard Picker von der Gruppe „Priester ohne Amt“ bekräftigte, seine Mitglieder seien sofort bereit, bei Bedarf wieder seelsorglich tätig zu werden, und forderte die Kirchenleitung auf, die Dienste der etwa 800 Priester ohne Amt wieder in Anspruch zu nehmen.

Enquete zur Kirchenreform

Ein gemeinsames Projekt der vier Reformgruppen ist die Enquete „Kirchenreform und Menschenrechte“, die am 20. November in Wien stattfinden wird. Dort sollen der Neutestamentler Walter Kirchschläger/Luzern, der Pastoraltheologe Paul Weß/Innsbruck, der Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann/Graz und der Europarechtler Heribert Köck/Linz Zugänge aufbereiten, wie eine neue Kirchenordnung im Sinne Jesu zu gestalten wäre.

Sechs ältere Männer präsentierten da ihre kirchlichen Reformanliegen. Ein Zeichen der Zeit? Die FURCHE fragte bei einem Jungen nach, ob die Laieninitiative auch die Anliegen seiner Generation trifft: Der 20-jährige Valentin Eisendle, Student der Politik- und der Religionswissenschaft, ist stv. Schriftführer des Vereins „Laieninitiative“; er engagiert sich, weil er will, dass die Kirche auch für junge Leute wieder attraktiv wird.

Den Forderungen der Laieninitiative nachzukommen, könnte seiner Meinung nach wesentlich dazu beitragen. Die konkreten Forderungen hält er für realistische Anknüpfungspunkte. Eisendle weiß aber, dass er einer Minderheit angehört – ein Großteil der Jungen wolle mit der Kirche kaum etwas zu tun haben, und junge Theologen, die er kennt, würden sich aus Sorge um einen künftigen Job, wenig exponieren. Von daher müsste sich in der katholischen Kirche „ganz, ganz viel ändern“. Eisendle: „Die meisten Leute haben Angst, über den Glauben zu reden.“ Sie empfänden die Kirchenleitung als „alte moralisierende Männer“. Genau das will der 20-Jährige, sozusagen das junge Gesicht der „Laieninitiative“ verändern helfen.

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