Slowakei & Co.: Alles, was rechts und links ist

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Der Wahlsieg der sozialdemokratischen Smer-Partei unter ihrem schillernden Vorsitzenden Robert Fico - und was sich daraus über die Slowakei hinaus (nicht) ablesen lässt.

Die Mischung aus Klassenkampf-Rhetorik und Pragmatismus sei das Erfolgsrezept, analysierte die Politologin. Nein, das war nicht auf den slowakischen Wahlsieger Robert Fico gemünzt, sondern auf den steirischen Landeshauptmann Franz Voves. Aber der Kurzbefund von Kathrin Stainer-Hämmerle dürfte cum grano salis auch auf den schillernden künftigen Premier unseres Nachbarlandes zutreffen.

Es wäre zu hoffen, dass sich die Parallele auch in einem weiteren Sinne fortspinnen lässt: Dass also Robert Fico, der Chef der sozialdemokratischen Smer-Partei, seine linkspopulistisch-nationalistische Vergangenheit hinter sich gelassen hat und den Mut zu einer Art "Reformpartnerschaft“ aufbringt. So wie aus dem Vouves Fraunz, der denen in Wean zeigt, wou der Bartl den Moust holt, ein - in Verbindung mit dem geläuterten Hermann Sch. - ein ganz respektierlicher Landeshauptmann geworden ist (aber das ist eine andere Geschichte).

Apropos "Reformpartnerschaft“: Im Falle der Slowakei ist noch fraglich, ob Robert Fico den dafür nötigen Partner findet - bislang sieht es so aus, als hätte keiner Lust den undankbaren Part zu spielen. Notwendig wäre es ja nicht, da die Wähler Fico mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet haben, mithin "Reformen“ auch ohne "Partnerschaft“ möglich wären.

Wenn Fico klug ist, dann baut er auf den unbestrittenen Erfolgen seiner im Korruptionssumpf untergegangenen liberal-konservativen Vorgänger auf (ähnlich wie das dereinst Tony Blair mit dem Tory-Erbe getan hat). Sicher ist das freilich nicht. Zu gut ist noch der "alte“ Fico der Jahre 2006 ff. in Erinnerung, der mit den Ultranationalisten (SNS) des Ján Slota koalierte - was immerhin zur Suspendierung der Mitgliedschaft von Smer bei der SPE, dem Dachverband der europäischen sozialdemokratischen Parteien, führte. 2008 freilich wurde die Suspendierung wieder aufgehoben - die Befürchtungen hinsichtlich der SNS hätten sich nicht bewahrheitet, hieß es. Wer als Faschist zu gelten hat, ist immer eine Frage des Machterhalts. Vor allem für die Linke (wenngleich hierzulande auch diverse Schnitzereien am Verfassungsbogen von konservativer Seite in Erinnerung sind …).

Keine Vorschusslorbeeren

Gut möglich also, dass eintritt, was Karl-Peter Schwarz in der FAZ befürchtet: dass die Regierung Fico "in aller Ruhe nacheinander alle Reformen rückgängig (macht), die in den vergangenen Jahren die Slowakei zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten postkommunistischen Staaten gemacht haben - das alles dank der Gier der Politiker, die diese Reformen durchgesetzt haben“. Skeptisch sind indes durchaus auch linksliberale Kommentatoren wie jene der taz oder der Süddeutschen: "Eine wirksame Bekämpfung der Korruption, eine effektive Justizreform und Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ habe bisher nicht zu Ficos Verständnis von sozialdemokratischer Politik gehört - "Vorschusslorbeeren hat der deshalb nicht verdient“ (SZ).

Ist das, was nun in der Slowakei passiert ist, ein Schritt hin zur Normalisierung der Verhältnisse? Die Parteienlandschaft in den postkommunistischen Reformstaaten war (und ist zum Teil noch immer) selbst für interessierte Beobachter kaum überschaubar. Eine Vielzahl von Klein-, Kleinst und Minderheitenparteien, Gruppierungen ähnlicher ideologischer Prägung (innerhalb ein und desselben Landes) oder solche, die schwer in unser westeuropäisches Links-Rechts-Schema passten, machten die Orientierung schwierig. Grosso modo ließ sich dennoch für die ersten Jahre nach der Wende ein Wechsel von "Rechts“ und "Links“ beobachten - bei aller Unschärfe dieser Begriffe. Aber wahrscheinlich greifen diese Unterscheidungen immer weniger - wie auch in Westeuropa.

Der Erfolg von Fico und Orbán

Welche Partei wäre beispielsweise in Polen "rechts“? Die nationalkonservative, europakritische Kaczynski-Partei "Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) - oder die proeuropäische rechtsliberale Bürgerplattform (PO) des amtierenden Premierministers Donald Tusk, die mit Bronislaw Komorowski auch den Staatspräsidenten stellt und die sich an der Schnittstelle von Christdemokratie, Liberalismus und Konservatismus sieht?

Robert Fico jedenfalls dürfte nicht primär als "Linker“ gewählt worden sein - sondern als Alternative zu einer Regierung, die - siehe oben - ihre Glaubwürdigkeit verloren hatte. So wie auch Viktor Orbán in Ungarn nicht gewählt wurde, um das europäische Wertefundament zu erneuern (so bedenkenswert manches war, was er diesbezüglich vor Kurzem in einem Sonntags-FAZ-Interview sagte!), und auch nicht um die österreichischen Banken zu ärgern - sondern weil die zuvor regierende Linke moralisch und ökonomisch abgewirtschaftet hatte.

"Benenne die Politik, die nicht scheitern wird“ - die Antwort auf dieses Postulat Peter Sloterdijks lässt sich auch in den postkommunistischen Ländern immer schwerer formulieren. In diesem Sinne jedenfalls ist die "Normalisierung“ weit fortgeschritten.

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